Börse am Vortag: Preis-Rallye nach US-Prognose

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 01.04.2011


Eigentlich ist es seit langem kein Geheimnis, daß die Versorgungsbilanz an den Agrarrohstoffmärkten eng ist. Doch erst die gestrigen Zahlen des US-Landwirtschaftsministeriums ließen die Kurse von Weizen, Raps & Co. wieder kräftig ins Plus drehen.

 

Devisen & Konjunktur
Der Euro-Kurs hat gestern einen Sprung nach oben gemacht, nachdem sich die Inflation in Euro-Land im März weiter beschleunigt hat. Nach Mitteilung der EU-Statistikbehörde verteuerten sich die Verbraucherpreise im März im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,6 %. Nach Bekanntwerden der unerwartet hohen Teuerungsrate kletterte der Euro-Kurs deutlich in die Höhe.

Der Euro-Referenzkurs wurde gestern von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,4207 US-Dollar rund 0,8 % höher als am Vortag festgesetzt. Heute im frühen Handel tendiert der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung im Vergleich zum US-Dollar wieder etwas schwächer. Der Markt wartet auf den aktuellen US-Arbeitsmarktbericht, der am Nachmittag veröffentlicht werden soll.

 

Energie
Mögliche Lieferengpässe beim Öl sind seit den Unruhen in den Öl-Ländern wie Libyen ein Dauerbrenner bei den Marktteilnehmern. Zwar hat auch der neueste Bericht des US--Energieministeriums gezeigt, daß die Amerikaner, - immerhin die weltweit größten Verbraucher -, auf rekordhohen Lagerbeständen an Rohöl und Destillaten sitzen.

Doch die Angst vor Versorgungsengpässen infolge der politischen Unruhen in Nordafrika und im Nahen Osten sorgt genauso für Preisauftrieb wie die Erwartung, daß die US-Konjunktur demnächst doch deutlicher anziehen könnte.

Zum gestrigen Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Februar gestern mit 106,72 Dollar auf deutlich höherem Niveau notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent wurde mit 117,36 Dollar festgesetzt.

 

Agrarrohstoffe
Mit Spannung waren nicht nur die neuen Zahlen zu den US-Lagerbeständen, sondern auch die neue Anbau- und Flächenschätzung für die USA erwartet. worden. Die Wetterspekulationen gerieten in den Hintergrund, nachdem das US-Landwirtschaftsministerium gestern die neuen Zahlen veröffentlichte. Auf die Prognose einer engeren Versorgungsbilanz reagierte der Markt mit kräftigen Preissprüngen nach oben.

Die Börsen diesseits und jenseits des Atlantiks reagierten mit Kursgewinnen. An der Börse in Paris zog der Weizen-Fronttermin wieder an. Der Mai-Termin bei Paris-Weizen notierte gestern mit 240,00 Euro/t um +3,50 Euro höher als am Vortag und konnte damit seine Vortagsverluste beinahe wieder ausgleichen. Auch spätere Termine standen zwischen +3,75 und +6,25 Euro im Plus.
An den US-amerikanischen Warenterminmärkten erzielten bei Futter- wie auch Backqualitäten kräftige Kursgewinne. Damit zogen die Kurse um mehr als 5 % im Vergleich zum Vortag an und ereichten damit wiieder das Niveau von Anfang März.
Die neuen US-Zahlen gehen von derzeit um 5 % höheren US-Lagerbeständen als vor einem Jahr aus. Die Weizen-Anbaufläche zur Ernte 2011 wird rund 8 % größer prognostiziert als im Vorjahr. Doch in wichtigen Anbaugebieten der USA wird die Bestandsentwicklung weiterhin schlechter bewertet als im Vorjahr und das "Agrarwetter" hat sich nicht entscheidend verbessert (siehe vorhergehende Beiträge).

Bereits seit Monaten ist die enge Versorgungsbilanz bei Mais kein Geheimnis. Dennoch scheinen erst die neuen US-Berichte die Marktbeteiligten wach gerüttelt zu haben. Die Mais-Lagerbestände in den USA sind um 15 % im Vergleich zum Vorjahr geschrumpft. Das US-Landwirtschaftsministerium prognostiziert zwar eine Ausweitung des US-Maisanbaus um 5 %, Doch bei einem weltweit steigenden Verbauch dürften in den USA, dem größten Maisexporteur am Weltmarkt, die Lagerbestände weiter kräftig abschmelzen.
Mais notierte auch an den europäischen Börsen mit kräftigen Kursgewinnen. Der Juni-Termin bei Paris-Mais zog mit 230,50 Euro/t beziehungsweise mit +7,75 Euro im Plus. Spätere Termine notierten zwischen +2,75 und +7,00 Euro/t. Chicago-Mais konnte seine Vortagsgewinne weiter deutlich ausbauen.

Die neuen US-Zahlen haben die feste Kurstendenz bei Soja noch weiter untermauert. Nicht nur die US-Lagerbestände liegen auf einem um 2 % niedrigeren Niveau als im Vorjahr. Zudem gehen die US-Analysten von einer um 1 % niedrigeren Anbaufläche aus. Da sich an den Witterungsbedingungen während der zur Zeit laufenden Ernte in Südamerika nichts Entscheidendes geändert hat (siehe vorhergehende Beiträge), zogen die Börsenkurse kräftig an. Vor allem bei Sojabohnen und Sojaschrot an den transatlantischen Börsen schnellten die Kurse gestern nach oben und stießen kurzzeitig an die Limit up-Grenze. Bei Sojaöl fielen die Kursgewinne schwächer aus.

Auch Raps konnte von den Hausse-Vorgaben profitieren. Paris-Raps notierte am Handelsschluß mit 484,25 Euro/t für den Mai--Termin und erzielte damit Gewinne von +6,25 Euro/t zum Vortag. Der Ernte-Termin August 2011 schloß mit 440,75 Euro/t und damit einem Plus von +7,00 Euro/t zum Vortag.

Bei Paris-Braugerste erzielte die Schlußnotierung für die Mai-Fälligkeit mit 220,00 Euro/t im Vergleich zum Vortag einen Kursverlust von -2,25  Euro. Spätere Termine notierten zwischen -2,25 und -4,50 Euro.

 

Ausblick
Ich bleibe bei meinen Einschätzungen vom 30.03.2011: "... Nachdem an den Märkten die zahlreichen Krisen rund um den Globus als "stabil chaotisch" gewertet werden, kehrt wieder etwas Ruhe in das Geschäft ein. Wie erwartet hat sich an den Börsen die Überzeugung durchgesetzt, daß die Versorgungslage am Realmarkt vorerst knapp bleibt, gute Qualitäten häufig schwer zu beschaffen sind und die osteuropäischen Exporteure hinsichtlich der Angebotserweiterung am Weltmarkt vorerst keine Rolle spielen. ..."

Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß Agrarrohstoffe an den Börsen weitere Kursgewinne erzielen können. Die Aussichten für die Ernte 2011 bestimmen bei Getreide und Ölsaaten den Preistrend. Auch wenn sich die Anbaubedingen "normal" entwickeln sollten, erwarte ich persönlich, daß die globale Versorgungsbilanz auch in der nächsten Saison eng bleiben wird.

Hinsichtlich der Inflation bleibe ich bei meiner seit langem geäußerten Einschätzung, daß die Zeichen der Zeit eine deutich höhere Inflation signalisieren (siehe hierzu auch den Beitrag "Globale Nahrungsmittelpreise erreichen neuen Höchststand".

Der Euro dürfte im Vergleich zum Dollar heute nach meiner Einschätzung wieder etwas schwächer tendieren. Bei den Rohölpreisen erwarte ich für den heutigen Tag eine Berg- und Talfahrt, da noch mehrere richtungsweisende Nachrichten aus Politik und Wirtschaft erwartet werden.

 
 
 


Vorhergehende Beiträge

30.03.2011 Börse am Vortag: Wettermärkte
29.03.2011 Börse am Vortag: Agrarrohstoffe nehmen erneut Anlauf
24.03.2011 Börse am Vortag: Euro-Schuldenkrise im Focus
23.03.2011 Börse am Vortag: Sorgen um Japan, Libyen und Portugal
08.02.2011 Börse am Vortag: Agrarrohstoffe wieder im Plus
06.01.2011 Börse am Vortag: Kursanstieg nach guten Konjunkturzahlen
   
 
 
 
 

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