Börse am Vortag: Euro-Schuldenkrise im Focus

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 24.03.2011


Erneut ist die Schuldenkrise in Europa aufgeflackert. In Portugal hat das Parlament gestern das Sparprogramm der Regierung abgelehnt und der portugiesische Ministerpräsident Socrates ist daraufhin zurückgetreten. Bei Agrarrohstoffen steht die Trockenheit in den USA und die dortige Regenprognose im Vordergrund..

 

Devisen & Konjunktur
Bereits seit Wochen wird wieder verstärkt gegen den Euro spekuliert, da an den Kapitalmärkten mit einer Flucht Portugals unter den Euro-Rettungsschirm gerechnet wird. Nachdem mehrere Ratingagenturen bereits in der letzten Zeit die Kreditbonität Portugals herabgestuft hatten, ist nach der gestigen Parlamentsentscheidung zu erwarten, daß die Refinanzierung für Portugal jetzt noch teurer wird.

Der Euro konnte sich dennoch weitgehend halten und gab nur leicht nach. Nach wie vor wird an den Märkten auf eine bals anstehende Anhebung der Zinsen in der Euro-Zone durch die Europäische Zentralbank spekuliert.

Der Euro-Referenzkurs wurde gestern von der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,4136 US-Dollar weitgehend unverändert zum Vortag festgesetzt. Heute im frühen Handel tendiert der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung im Vergleich zum US-Dollar wieder deutlich nach unten.

 

Energie
Die Libyen-Krise, die sich verschärfenden Unruhen im Nahen Osten und der am Vortag gemeldete Rückgang der Benzinlagerbestände in den USA stabilisieren die Rohölpreise auf hohem Niveau. Dabei wird derzeit weitgehend ignoriert, daß sich die US-Rohölvorräte erneut erhöht haben und Läger für Destillate soll voll sind wie in der Vorwoche.

Zum gestrigen Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im Februar gestern mit 105,75 Dollar erneut auf höherem Niveau notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent wurde mit 115,55 Dollar festgesetzt. Die Kurse für WTI und Brent näheren sich damit weiter an.

 

Agrarrohstoffe
Es fehlen die neuen "schlechten" Nachrichten und damit setzt sich bei Agrarrohstoffen an den Börsen die Ausverkaufsstimmung fort. Wie erwartet haben sich die Kursverluste jedoch abgeschwächt.

Der Januar-Termin bei Paris-Weizen notierte mit 224,50 Euro/t um -0,50 Euro niedriger als am Vortag. Spätere Termine verloren zwischen -0,25 und -1,00 Euro.
An den US-amerikanischen Warenterminmärkten verbuchten Futterqualitäten leichte Kursverluste, während Backqualitäten deutlicher Abschläge in Kauf nehmen mußten, nachdem inzwischen für die kommenden Tage eine höhere Niederschlagswahrscheinlichkeit für die besonders wichtigen Anbaugebiete in Kansas und den südlichen Plains prognostiziert wird. Für die nächste Woche werden regional auch wieder Schneestürme erwartet. Aktuell ist es in den meisten US-Anbaugebiete noch immer viel zu trocken und die Bestände werden in ihrer Entwicklung insgesamt schlechter bewertet als im Vorjahr.

Mais notierte nur an den europäischen Börsen unverändert. Der Juni-Termin bei Paris-Mais konnte sich mit 218,75 Euro/t im Vergleich zum Vortag behaupten. Spätere Termine notierten zwischen -0,50 und +3,25 Euro/t sehr heterogen. Chicago-Mais gab dagegen erneut nach.

Sojabohnen, Sojaschrot und Sojaöl drehten an den transatlantischen Börsen gestern wieder ins Minus. Die US-Exporte bleiben hinter den Erwartungen der Marktbeteiligten zurück. Dennoch bleiben die Unsicherheiten hinsichtlich des globalen Angebotes, da die anhaltenden Niederschläge im Norden Brasiliens die Ernte immer wieder unterbrechen.

Dem schwächeren Sojakomplex standen die wieder nach oben gerichteten Ölpreise gegenüber.
Paris-Raps notierte für den Mai--Termin am Handelsschluß mit 453,75 Euro/t und konnte mit einem Plus von +3,50 Euro/t einen Teil des Kursrückgangs vom Vortag wieder wett machen. Der Ernte-Termin August 2011 schloß mit 415,00 Euro/t und damit einem um +0,75 Euro höheren Kurs nur leicht verbessert.

Bei Paris-Braugerste erzielte die Schlußnotierung für die Mai-Fälligkeit mit 219,00 Euro/t im Vergleich zum Vortag einen Kursanstieg um +1,00 Euro. Spätere Termine notierten sehr heterogen zwischen +1,00 und +10,25 Euro.

 

Ausblick
Nicht nur in der EU stehen viele Staaten vor der prekären Aufgabe ihre Staatshashalte in Ordnung zu bringen. Doch an den Märkten wirft am heutigen Tag vor allem der EU-Gipfel seine Schatten voraus. Die Konflikte in Nordafrika und im Nahen Osten wie auch die Japan-Krise dürften damit für kurze Zeit etwas in den Hintergrund treten.

Für den heutigen Handelstag erwarte ich persönlich, daß sich Agrarrohstoffe - trotz des nach wie vor noch latent bestehenden Preisdrucks - weitgehend unverändert behaupten können. Immer stärker setzt sich auch an den Börsen die Überzeugung durch, daß die Versorgungslage am Realmarkt vorerst knapp bleibt, gute Backqualitäten häufig schwer zu beschaffen sind und die osteuropäischen Exporteure hinsichtlich der Angebotserweiterung am Weltmarkt vorerst noch keine Rolle spielen.

Die Aussichten für die globale Weizenernte 2011 bestimmen den weiteren Preistrend. Aktuell ist es in weiten Anbaugebieten der USA, der Nummer 1 unter den Weizenexporteuren, viel zu trocken. Im Süden gelegenen Texas wird inzwischen von der schlimmsten Dürre seit 44 Jahren gesprochen und davon, daß die Rinderherden abgestockt werden müssen. Für die Anbaugebiete im Norden und in der Mitte des Landes werden für die kommenden Tage jedoch größere Niederschlagsmengen prognostiziert. Abzuwarten bleibt, ob die Niederschläge ausreichen, um die nutzbare Feldkapazität wieder auszufüllen.

Die regenbedingten Ernteunterbrechungen dürften sich auf die Anbaugebiete in der Mitte Brasiliens ausweiten und die Ernte zunehmend behindern. Auch für Argentinien ist wieder Regen vorhergesagt. Derzeit dürften Niederschläge zumindest den späteren Pflanzenbeständen in Argentinien noch zu Gute kommen. Zu heftiger Regen könnte allerdings zu Beeinträchtigungen bei den Sojabeständen führen. Für den Rapssaatenmarkt dürfte dies ein positives Signal sein.

Der Euro dürfte im Vergleich zum Dollar heute nach meiner Einschätzung angesichts der Schuldenprobleme einzelner Euro--Staaten unter Druck stehen. Bei den Rohölpreisen erwarte ich persönlich einen spürbaren Kursauftrieb für den heutigen Tag. In der nächsten Zeit dürfte sich der Kurstrend nach oben moderat fortsetzen. Die weltweite Debatte pro und contra Atomenergie und die Erwartung, daß Länder wie z.B. Japan in den kommenden Monaten einen größeren Rohölbedarf haben werden, dürften den Preisauftrieb stärken.

 
 
 


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