Ölsaaten: Preisexplosion am Rapssaatenmarkt

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 15.12.2010


Defizitproduktion und Spekulationsinvestments - das ist der Mix, der in den letzten Wochen die Preisexplosion am Rapssaaten-Markt befeuerte. Die Knappheit dauert an - trotz der Lockerung bei der Massenbilanzierung von nachhaltigem Raps. Geht die Rallye weiter?

Marktlage
Die Rapssaatenpreise klettern wie erwartet immer weiter in die Höhe. Nicht nur die defizitäre Rapsernte 2010/11 sorgt an den Warenterminbörsen seit wochen für Preisauftrieb. Auch am Kassamarkt zogen die Erzeugerpreise an.

Das Geschäft ist inzwischen weitgehend zum Erliegen gekommen. Trotz des attraktiven Preisniveaus bleiben die Anbieter zurückhaltend, so daß das Angebot äußerst klein ausfällt. Handel und Verarbeiter sind weiter zu Preisaufschlägen bereit, um Lagerware zu mobilisieren. Dabei gehen die Schätzungen über den Umfang der noch frei verfügbaren Lagerbestände weit auseinander.

Innerhalb einer Woche sind die Erzeugerpreise für prompte Ware am hiesigen Kassamarkt sprunghaft angestiegen. Mit aktuell 430 bis 490 Euro/t netto ab Hof (Strecke) hat sich die Preisspanne in Deutschland in Abhängigkeit von der Marktnähe enorm vergrößert. Prämien bis zu 15 Euro/t "über MATIF" für prompte Ware werden gewährt, wenn dringender Anschlußbedarf gedeckt werden muß.

Allein seit dem Erntestart verbucht Rapssaat inzwischen ein Plus von 45 %. Damit hat Raps rund 94 % des Preisniveaus vom Allzeit-Höchststand im März 2008 zurückerobert.

Auch die Großhandelspreise zogen kräftig an. Die Hamburger Getreidebörse meldete für prompte Lieferungen gestern einen Preis von 505 Euro/t, was im Vergleich zur Vorwoche einen Aufschlag um nochmals 28 Euro/t (!) bedeutet.

Auch die Preisgebote für Raps ex Ernte 2011 konnten sich weiter verbessern. Mit 400 bis 420 Euro/t netto franko Landhandelslager fiel hier der Kursanstieg jedoch etwas schwächer aus.

Anders als noch Anfang 2010 wird der Preisanstieg weniger durch den Preisansteig am Energiemarkt getragen. Die globale Defiziternte 2010/11, der weiter steigende Bedarf, das hohe Preisniveau im Sojakomplex und die auch für die Ernte 2011/12 schwachen Aussichten beflügeln den Preisauftrieb.

So setzte sich auch an den Warenterminbörsen der Preisauftrieb weiter fort. An der Warenterminbörse MATIF, Paris und der Warenterminbörse WCE, Kanada setzte sich die Preisrallye fort.

 

Fakten

  • Welt: Kleinste Ernte seit drei Jahren
    Immer wieder wurden die globalen Ernteprognosen für Rapssaat in den letzten Monaten nach unten korrigiert. Nicht nur in der EU, sondern weltweit fällt die Rapssaatenernte 2010/11 kleiner aus als im Vorjahr. Die Lagerbestände schrumpfen daher bereits in der laufenden Saison wieder deutlich, da vor allem der hohe Bedarf der Energiebranche für eine stetige, hohe Nachfrage sorgt.

    Das bestätigen auch die neusten Zahlen des US-amerikanischen Landwirtschaftsministeroums vom 10.12.2010 zur globalen Rapssaatenbilanz. Mit 58,4 Mio.t wird die Rapsernte 2010/11 rund 4 % niedriger als die Vorjahresernte eingeschätzt.


    in Mio. t
    Rapssaaten
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    EU-27
    Welt
    Welt
    EU-27
    2005/06
    48,7
    15,5
    47,0
    5,5
    1,7
    2006/07
    45,1
    16,1
    46,4
    4,7
    1,4
    2007/08
    48,6
    18,4
    49,1
    3,6
    1,0
    2008/09
    57,9
    19,0
    54,9
    6,7
    1,8
    2009/10
    60,6
    21,6
    59,3
    7,5
    1,9
    2010/11 Prognose vom:
    10.12.2010
    58,4
    20,3
    60,3
    5,7
    0,9
    Quelle: USDA

    Auch das Analystenhaus Oil World hat seine Schätzung um 600.000 t im Vergleich zum Vormonat zurückgenommen. Mit 57,8 Mio.t wird eine um 2,5 Mio.t kleinere Ernte als im Vorjahr prognostiziert. Damit würde die globale 2010/11er Produktion auf den niedrigsten Stand seit 3 Jahren fallen.

    Hausse-Tendenz

 

  • EU: Lagerbestände schmelzen ab
    Aktuelle Prognosen verschiedener Branchenverbände bestätigen die niedrigeren Ernteerwartungen für die EU. Die Ernteschätzungen liegen rund 4 bis 6 % unter dem Vorjahresergebnis. Coceral, der Europäische Dachverband des Getreidehandels schätzt die EU-Rapsernte 2010 auf 20,5 Mio.t in der EU-27, nachdem im Vorjahr mit 21,5 Mio.t eine Rekordernte eingefahren wurde. Auch das Analystenhaus Oil World geht von einer EU-Rapsernte in Höhe von 20,4 Mio.t und damit von einer um 6,1 % kleineren Ernte als in Vorjahr aus.


    Die kleinere Ernte und der weiter steigende Bedarf lassen auch in der EU die Endbestände aus den vorangegangenen Ernten drastisch abschmelzen. Da auch das Importangebot aus Osteuropa infolge der Ernteausfällte drastisch eingebrochen ist, dürften die EU-Lagervorräte möglicherweise unter den Stand im Jahr 2007/08 schrumpfen.

    Hausse-Tendenz

 

  • EU: Versorgungssituation mit nachhaltigem Raps entschärft
    Für die Vermarktung von Raps mit Nachhaltigkeitsnachweis zur Verwendung für die Biodieselherstellung gilt zum laufenden Wirtschaftsjahr 2010/11 eine verlängerte Massenbilanzierung. Unter der Massenbilanzierung versteht man die Verrechnung von nachhaltig zertifizierter und konventioneller Ware.

    Das Bundesfinanzministerium hat die entsprechende Verwaltungsvorschrift in der nationalen Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung geändert. Danach darf der Bilanzierungszeitraum, der auf drei Monate festgelegt worden ist, bis einschließlich 30.06.2011 ausnahmsweise zwölf Monate betragen. Diese Änderung ist am 14.12.2010 in Kraft getreten. Damit kann in dieser Saison die Bilanzierung über das gesamte Wirtschaftsjahr erfolgen.

    Marktberuhigung

 

Prognose
Nachdem die Hausse am europäischen Rapssaatenmarkt ihr Tempo beschleunigt hat, scheint die Preisrallye derzeit noch kein Ende zu kennen. Neben der defizitären Ernte 2010/11, den schnell schrumpfenden Lagerbeständen, dem stegenden Verbrauch und einem Rohölpreis oberhalb der 90 Dollar-Marke bleiben vor allem die geringeren Ernteaussichte im kommenden Jahr, der US-Dollarkurs und die lebhafte Nachfrage nach pflanzlichen Ölen die zentralen Preisfaktoren.

Dennoch erwarte ich persönlich bis zum Jahresende zunächst Gewinnmitnahmen an den Börsen und damit einen latenten Preisdruck. Da die Situation bei der Massenbilanzierung von nachhaltigem Raps entschäfte wurde, dürften die Rapssaatenpreis nach meiner persönlichen Einschätzung auch am Kassamarkt zunächst in einen Seitwärtstrend einschwenken.

Mit dem Start in das nächste Jahr dürfte der Bedarf der Verarbeiter stärker aufleben, während das Angebot weiter begrenzt bleiben dürfte. Einerseits sind die frei verfügbaren Lagervorräte bereits kräftig abgebaut worden, andererseits verschärft die zögerliche Abgabebereitschaft der Landwirte die Knappheit an zertifizierter Ware, die zur Herstellung von Biodiesel benötigt wird.

Die weitere Preisrichtung wird einerseit durch die Entwicklungen an den Finanzmärkten sowie andererseits durch die Ernteaussichten für 2011 und damit durch die Witterung in den wichtigen Anbauländern bestimmt. Nach meiner Einschätzung dürfte prompte Ware daher vorerst Preisaufschlag gegenüber den MATIF-Kursen erzielen. Das starke Engegement der Investoren läßt auch das Rückschlagsrisiko am Rapssaatenmarkt wachsen.

Planen Sie daher die Vermarktung mit Blick auf die fundmentalen Daten vorausschauend. Steigende Rückschlagsrisiken bedeuten auch wachsende Preisrisiken. Sobald der aktuelle Trend kippt, kann es zu Verkaufsdruck kommen. Dann fallen die Preise nicht nur für die 2010er Raps, sondern auch für Ware aus der Ernte 2011.

Fazit: Versäumen Sie daher nicht, rechtzeitig mit Teilverkäufen Ihr Marktrisiko abzufedern.

 
 
 
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