Weizen: Kurs-Turbulenzen nach US-Prognose

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 10.11.2010


Mit Spannung war die November-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums erwartet worden. Die neuen Zahlen gehen jetzt einem stärker steigenden Verbrauch aus. An den Börsen wurde das als Signal für weitere Kursanstiege gewertet.

Marktlage
Eigentlich hatte man am Markt mit dem gerechnet, was die gestrige November-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums auch zum Ausdruck brachte: Die globale Ernte fiel zwar kleiner aus, doch die Lagervorräte aus den beiden vorangegangenen Rekordernten sorgen für eine durchaus komfortable Marktversorgung. Neu ist jedoch die Einschätzung der US-Analysten daß der Weizen-Verbrauch schneller steigt, als bisher erwartet.

Nachdem im Oktober noch mit einem weltweiten Verbrauchsanstieg um 1,5 % gerechnet wurde, prognostizieren die US-Experten jetzt ein Plus von 1,9 % auf 633,24 Mio.t.

An den Warenterminbörsen spielten die Kurse nach Bekanntgabe der Zahlen zunächst einmal JoJo. Welche Zahl sollte wie bewertet werden? Welcher Einschätzung sollte die größere Bedeutung für die Preisentwicklung beigemessen werden? Der nach wie vor defizitären Ernte, den hohen Lagerbeständen oder den stärker steigenden Verbrauch?

Zunächst zogen die Weizen-Notierungen mit Blick auf den Abbau der Endbestände deutlich an. Da die neue Prognose jedoch bei genauerer Betrachtung keine fundamental neuen Erkenntnisse vermittelt, flachte die anfängliche Euphorie im späteren Handelsverlauf deutlich ab.

An der Warenterminbörse in Paris notierte alle Termine erneut kräftig im Plus. Mit 231,50 Euro/t notierte der November-Termin um +2,00 Euro höher als am Vortag. Seit Mitte des Jahres zog damit der Fronttermin um stattliche 78 % an.

Zu Kursverlusten kann dagegen an den US-amerikanischen Warenterminmärkten, nachdem die Stimmung im weiteren Handelsverlauf erneut drehte. Die hohen Lagervorräte und die insgesamt komfortable Marktversorgung standen hier im Vordergrund.

 

Prognose
Die Versorgungslage für die Saison ist - vertraut man den offiziellen Statistiken - weltweit gesehen durchaus gut. Von Knappheit kann jedenfalls keine Rede sein.

Doch das Angebot-Nachfrage-Verhältnis ist in dieser Saison nicht der einzige Marktfaktor, den es zu werten gilt. Nicht nur die Ernteeinbußen in einigen Regionen, der aktuelle Ausfall einzelner Exporteure oder die erneute Geldschwemme der US-Notenbank wirken auf den Kurstrend, auch die Ernteerwartungen für die nächste Ernte 2011/12 entfalten bereits Wirkung.

Auch an unseren heimischen Kassamärkten sorgt der internationale Kursauftrieb an den Weizenbörsen wie auch im internationalen Handel für einen anhaltenden Aufwärtstrend. Die zögerliche Abgabebereitschaft der Landwirte, die - in der Hoffnung auf weitere Kursanstiege - ihre Verkäufe hinauszögern, verstärkt den Hausse-Trend. Inzwischen sind Handel und Verarbeiter bereit, mit Preisaufschlägen zusätzliche Ware zu mobilisieren.

Doch weiterhin herrscht Uneinigkeit darüber, wieviel Weizen wirklich noch in Produzentenhand liegt und für den freien Markt verfügbar ist. Sowohl in die Verwertungsrichtungen Futtermittel und Energie dürfte mehr Ware geflossen sein.

Solange die Wirkung der Negativmeldungen für "gute Stimmung" an den Weizenbörsen sorgt, dürften die Weizenpreise nach meiner persönlichen Einschätzung noch Aufwärtspotential haben. Sobald sich die Aussichten für die nächste globale Ernte jedoch wieder entspannen, werden die Lagerbestände stärker in den Blick geraten und zu Preisdruck führen.

 
 
 
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