Börse am Vortag: Gewinnmitnahmen

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 04.08.2010


Nachdem die Jahrhundertdürre in Rußland am Wochenanfang für rasante Preisanstiege an den Agrarrohstoffbörsen gesorgt hatte, hieß es an den Warenterminbörsen gestern "Kasse machen". Mit teilweise krassen Kursschwankungen waren die Vortagsgewinne in wenigen Stunden Vergangenheit.

 

Devisen & Konjunktur
Mit kräftigen Kursgewinnen bestätigt der Euro, daß die Konjunkturaussichten in Euroland am Devisenmarkt durchaus positiv bewertet werden. Seit Monaten können die zuletzt positiveren US-Wirtschaftsdaten das Mißtrauen in die US-Konjunktur und den US-Dollar nicht zerstreuen. Negativ für den Dollar wirkte am Montagabend auch die Warnung des Chefs der US-amerikanischen Notenbank FED Ben Bernanke vor einer vorschnellen Straffung der Geldpolitik in den USA. Die weltgrößte Volkswirtschaft hat laut Bernanke noch einen weiten Weg bis zu einer vollständigen Erholung vor sich.

Gestern kletterte die europäische Gemeinschaftswährung auf den höchsten Stand seit Anfang Mai und kostete in der Spitze bis zu 1,3261 Dollar. Letztendlich wurde gestern der Euro-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 1,3221 US-Dollar festgesetzt.
Heute im frühen Handel pendelt der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung im Vergleich zum US-Dollar oberhalb der Marke von 1,32 Dollar und kann damit seine Kursgewinne weitgehend verteidigen.

 

Energie
Die Rohölpreise können ihre Gewinne vom Vortag weiter ausbauen. Die US-Konjunkturdaten ließen zwar keine Preisphantasien aufkommen, so daß vorrangig die Kursverluste des US-Dollars für Kursanstiege sorgten. Preistreibend wirkte auch der deutliche Preisanstieg für Rohöl der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) auf 77,09 Dollar am 02.08.2010.

Zum Handelsschluß wurde ein Barrel (1 Faß = 159 Liter) der US-amerikanischen Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) zur Auslieferung im September gestern mit 82,55 Dollar notiert. Nordsee-Rohöl der Sorte Brent wurde mit 82,68 Dollar festgesetzt. Am heutigen Vormittag tendieren die Ölpreise an den Terminbörsen weitgehend seitwärts.

 

Agrarrohstoffe
Wie zu erwarten war, entschieden sich die Akteure an den Terminbörsen gestern für Gewinnmitnahmen. Vor allem am Vormittag wurde an den europäischen Börsen "Kasse gemacht" und die Kurse kamen kräftig ins Rutschen. Sie büßten nicht nur ihre Vortagsgewinne ein, sondern müßten auch darüber hinausgehende Verluste in Kauf nehmen.

Inzwischen ist allen Marktbeteiligten klar, daß trotz der Mißernten rund um den Globus die Silos wohl gefüllt sind. Nachdem die Renditeerwartungen der Spekulanten die Kurse an den Terminbörsen seit Wochen zunächst allmählich, zuletzt sprunghaft haben ansteigen lassen, sollten die Gewinne gestern erst einmal in klingende Münze umgesetzt werden.

Lediglich der August-Termin bei Paris-Weizen notierte mit 204,25 Euro/t um +5,75 Euro noch deutlich höher als am Vortag. Spätere Termine lagen zwischen -3,00 und -4,00 Euro im Minus.
Auch an den US-amerikanischen Warenterminmärkten mußte Weizen gestern deutliche Kursverluste in Kauf nehmen.

Paris-Mais gab mit 193,00 Euro/t im Vergleich zum Vortag um -11,00 Euro nach und notierte damit unter dem Kurs vom letzten Freitag. Auch spätere Termine schlossen zwischen -3,00 und -6,75 Euro/t niedriger als am Vortag.

Sojabohnen und Sojaöl erzielten an den transatlantischen Börsen weitere leichte Kursgewinne, während Sojaschrot seinen Schwächetrend fortsetzte. Die stetige internationale Nachfrage nach US-Herkünften - insbesondere aus China - sorgten für einen stabilen Preistrend.

Obwohl am Rohölmarkt die Kurse weiter leicht anzogen, gerieten die Rapssaaten-Kurse in den Abwärtsstrudel des Getreidemarktes. Nach einem Start in den Handelstag mit tiefroten Zahlen verbuchte Paris-Raps für den November--Termin am Handelsschluß mit 373,25,00 Euro/t nur einen Kursverlust von -0,75 Euro zum Vortag. Spätere Termine büßten bis zu -2,00 Euro ein.

Paris-Braugerste wurde für die November-Fälligkeit mit 215,00 Euro/t um -1,50 Euro/t niedriger als am Vortag notiert.

 

Ausblick
Für den heutigen Handelstag dürfte der handel nach meiner persönlichen Einschätzung in wieder ruhigeren Bahnen verlaufen. Nach den Gewinnmitnahmen des gestrigen Tages rechne ich mit einem insgesamt regen Handel, die für eine stabile Marktlage sorgen dürfte.

Dennoch bleibt die Marktlage spekulativ aufgeladen. Aus meiner Sicht hat sich am Markt in Rekordzeit eine Blase aufgebaut, die jederzeit Platzen kann, sobald die preistreibenden Ernte-Hiobsbotschaften in den Medien ausbleiben (siehe auch vorhergehende Beiträge).

Ich gehe davon aus, daß der Aufwärtstrend in Kürze zum Stillstand kommt. Vorerst dürften die Kursrückgänge jedoch begrenzt bleiben. Preisstabilisierend dürften hier zwei Faktoren wirken: 1) Noch sind die tatsächlichen Ernteverluste in Rußland und die damit einhergehenden Exportbegrenzungen nicht endgültig abschätzbar. 2) Aktuell behindern in Westeuropa Niederschläge den Fortgang der ohnehin schon kleineren Ernte und jetzt kommen auch noch Qualitätssorgen hinzu.

Der Euro-Kurs dürfte nach meiner Einschätzung heute stabil tendieren. An den Rohölmärkten könnte die heutige Veröffentlichung der neuen US-Lagerbestandszahlen für ein weitgehend stabiles Kursniveaus oder sogar weitere leichte Kursgewinne sorgen, da man mit einem Rückgang der Lagervorräte rechnet.

 
 
 


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