Am Weizenmarkt lockert sich die Winterstarre. Eine weltweit flottere Importnachfrage hat jedoch nur für eine bescheidene Marktbelebung gesorgt. Denn die hohen Ernteprognosen für 2010/11 blockieren die Marktentwicklung.
Marktlage
Noch immer bleiben die Umsätze am Weizenmarkt begrenzt. Doch allmählich stehen auch am Kassamarkt die Zeichen auf Entspannung, da die Nachfrage der Verarbeiter etwas umfangreicfher ausfällt. Der prompte Bedarf entwickelt sich zwar drängender, doch die Geschäftsabschlüsse beschränken sich auf den nötigsten Bedarf. Aufgrund der Feldarbeiten fällt allerdings auch das Angebot der Produzenten schwächer aus.
Am Exportmarkt sorgt der aktuelle Schwächetrend des Euro zum US-Dollar für eine leichte Entlastung. Die EU-Kommission hat in der letzten Woche für 354.000 t Weizen Exportlizenzen vergeben, darunter für 80.000 t aus Deutschland. Die Drittlands-Ausfuhren bleiben dennoch hinter den Hoffnungen zurück, da sich deutsche Ware am Weltmarkt gegen preislich attraktive Angebote aus Frankreich, der Ukraine und Rußland durchsetzen muß.
Die etwas freundlichere Stimmung am Markt hat dür kleine Preisaufschläge bei den Weizenpreisen gesorgt. Die allgemeine Erwartung, daß sich die Weizenpreise in den kommenden Wochen weiter seitwärts bewegen, bietet keinen nennenswerten Preisspielraum nach oben.
Fakten
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Welt: Hohe Lagerbestände - hohe Ernteaussichten 2010/11
Die Weizen-Vorräte aus den Ernten 2008/09 und 2009/10 sorgen für eine komfortable Marktversorgung. Das bestätigen auch die neusten Zahlen des Internationalen Getreiderates vom 25.03.2010 zur globalen Weizenbilanz. Mit 675 Mio.t wird die Weizenernte 2009/10 als zweitgrößte Ernte aller Zeiten eingeschätzt.
Die Analysten haben damit ihre Prognose vom Vormonat bestätigt. Ein etwas höherer Verbrauch wird mit einem steigenden Bedarf für die Stärke- und Ethanolproduktion begründet. Daher blieb die Prognose der weltweiten Lagervorräte letztendlich unverändert.
in Mio. t |
Produktion |
Verbrauch |
Endbestände |
Welt |
Welt |
Welt |
Haupt- exporteure |
2003/04 |
556 |
594 |
129 |
44 |
2004/05 |
628 |
616 |
141 |
60 |
2005/06 |
621 |
625 |
136 |
55 |
2006/07 |
598 |
610 |
124 |
39 |
2007/08 |
609 |
613 |
120 |
29 |
2008/09 |
686 |
640 |
166 |
46 |
2009/10 Prognose vom: |
21.01.2010 |
674 |
642 |
197 |
55 |
09.02.2010 |
675 |
643 |
197 |
55 |
10.03.2010 |
675 |
644 |
197 |
55 |
Hauptexporteure: Argentinien, Australien, EU, Kanada, USA
Quelle: Internationaler Getreiderat |
Nachdem sich die Weizenaussaat in den USA im letzten Herst regional deutlich verzögert hatte, hat der lange, kalte Winter zu keinen außergewöhnlichen Schäden bei den amerikanischen Feldbeständen geführt. Die Bonitierung des US-Landwirtschaftsministeriums vom 06.04.2010 bewertet 65 % der Weizenbestände als "gut" bis "sehr gut" und damit sogar so gut wie zuletzt vor fünf Jahren. Damit kündigt sich für die USA - dem Weizenexporteur Nummer 1 am Weltmarkt - eine erneut hohe Ernte für 2010/11 an.
Und auch weltweit wird für 2010/11 erneut mit einer hohen Weizenernte gerechnet. Der Internationale Getreiderat erwartet (zu diesem noch sehr frühen Zeitpunkt) mit 658 Mio.t eine lediglich um 2,5 % geringere globale Weizenernte. Damit ist derzeit ein Abbau der Welt-Lagerbestände nicht in Sicht.
Baisse-Tendenz
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EU: Anbauausdehnung zur Ernte 2010
Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Westeuropa haben die Winterweizenbestände den langen, äußerst strengen Winter ohne nennenswerte Schäden überstanden. Die EU-Hauptanbauländer Frankreich, Deutschland und Großbritannien hatten im letzten Herbst die Weizenanbaufläche stabil gehalten bzw. weiter ausgedehnt.
Für die EU-27 erwartet der EU-Dachverband des Getreide- und Futtermittelhandels (Coceral) aufgrund einer leichten Anbauflächenausweitung auf 23,2 Mio.ha eine höhere Weizenernte. Mit insgesamt 133,5 Mio.t prognostiziert Coceral für die kommende Saison 2010/11 eine um 2,1 % höhere Ernte als im Vorjahr.
EU-Weizen-Produktion (in Mio.t) |
|
Deutschland |
EU-15 |
EU-27 |
Ernte 2007 |
20,9 |
86,3 |
111,7 |
Ernte 2008 |
26,0 |
104,6 |
140,9 |
Ernte 2009 |
25,2 |
97,8 |
130,7 |
Ernte 2010 - Prognose |
25,2 |
100,1 |
133,5 |
Quelle: Coceral |
Für die EU-27 dürfte damit der Drittlands-Export auch in der kommenden Saison 2010/11 der entscheidende Schlüsselfaktor für die Preisentwicklung bleiben.
Baisse-Tendenz
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Osteuropa: Auswinterung in der Ukraine
In Rußland und der Ukraine wurde die Aussaat zur Ernte 2010 ausgeweitet. In Rußland hat der harte Winter dem Wintergetreide offenbar wenig zugesetzt. Private Analysten rechnen mit einer um 1,3 % höheren Getreideernte.
In der Ukraine haben sich dagegen die Befürchtungen hinsichtlich der Auswinterung bestätigt. Nach Einschätzung des ukrainischen Landwirtschaftsministeriums sollen 3,1 % der Winterweizenbestände ausgewintert sein. Teilweise präsentieren sich die Bestäsnde so schlecht, daß insgesamt 4,7 % der Weizenanbaufläche jetzt neu eingesät werden müssen.
Hausse-Tendenz
Prognose
Nachdem der US-Dollar seine Stärke gegenüber anderen wichtigen Währungen weiter ausbauen konnte, wachsen die Kursschwankungen bei den Agrarrohstoffpreisen an den Terminbörsen - und damit auch bei den Weizenpreisen.
Zudem lassen die fundamentalen Daten des Weizen-Marktes kaum Hoffnung auf eine echte Trendwende keimen. Die statistischen Anbaudaten zur Ernte 2010 blockieren die Marktentwicklung genauso wie die real eingelagerten Weizen-Berge, die noch immer auf besserere Zeiten warten.
Das derzeit einzige Ventil für eine echte, durchschlagende Marktentlastung wäre ein umfangreicher Export in Drittländer. Das Geschäft verläuft jedoch weiterhin - trotz der Exportbelebung - in ruhigen Bahnen. E-Weizen findet inzwischen wieder in stärkerem Maße Abnehmer im EU-Binnenmarkt wie auch im Export. E-Weizen und in bescheidenerem Umfang auch A-, B- und C-Weizen können moderate Preisaufschläge realisieren, die sich jedoch an der Dringlichkeit des Bedarfs der Verarbeiter orientieren.
Ich persönlich erwarte für die kommenden Handelswochen zwar weitere Kursgewinne, die sich an den Vorgaben der Warenterminbörsen orientieren. Doch nach meiner persönlichen Einschätzung fehlen für eine Preisrallye die fundamentalen Vorgaben. Gravierende Ernteausfälle bei den Hauptexporteuren könnten das Blatt jedoch schnell wenden.
Von der April-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums am kommenden Freitag erwartet ich persönlich daher kaum Überraschungen.