Weizen: Die nächste Ernte stellt die Weichen

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 07.04.2010


Am Weizenmarkt lockert sich die Winterstarre. Eine weltweit flottere Importnachfrage hat jedoch nur für eine bescheidene Marktbelebung gesorgt. Denn die hohen Ernteprognosen für 2010/11 blockieren die Marktentwicklung.

Marktlage
Noch immer bleiben die Umsätze am Weizenmarkt begrenzt. Doch allmählich stehen auch am Kassamarkt die Zeichen auf Entspannung, da die Nachfrage der Verarbeiter etwas umfangreicfher ausfällt. Der prompte Bedarf entwickelt sich zwar drängender, doch die Geschäftsabschlüsse beschränken sich auf den nötigsten Bedarf. Aufgrund der Feldarbeiten fällt allerdings auch das Angebot der Produzenten schwächer aus.

Am Exportmarkt sorgt der aktuelle Schwächetrend des Euro zum US-Dollar für eine leichte Entlastung. Die EU-Kommission hat in der letzten Woche für 354.000 t Weizen Exportlizenzen vergeben, darunter für 80.000 t aus Deutschland. Die Drittlands-Ausfuhren bleiben dennoch hinter den Hoffnungen zurück, da sich deutsche Ware am Weltmarkt gegen preislich attraktive Angebote aus Frankreich, der Ukraine und Rußland durchsetzen muß.

Die etwas freundlichere Stimmung am Markt hat dür kleine Preisaufschläge bei den Weizenpreisen gesorgt. Die allgemeine Erwartung, daß sich die Weizenpreise in den kommenden Wochen weiter seitwärts bewegen, bietet keinen nennenswerten Preisspielraum nach oben.

 

Fakten

  • Welt: Hohe Lagerbestände - hohe Ernteaussichten 2010/11

    Die Weizen-Vorräte aus den Ernten 2008/09 und 2009/10 sorgen für eine komfortable Marktversorgung. Das bestätigen auch die neusten Zahlen des Internationalen Getreiderates vom 25.03.2010 zur globalen Weizenbilanz. Mit 675 Mio.t wird die Weizenernte 2009/10 als zweitgrößte Ernte aller Zeiten eingeschätzt.

    Die Analysten haben damit ihre Prognose vom Vormonat bestätigt. Ein etwas höherer Verbrauch wird mit einem steigenden Bedarf für die Stärke- und Ethanolproduktion begründet. Daher blieb die Prognose der weltweiten Lagervorräte letztendlich unverändert.

    in Mio. t
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    Welt
    Welt
    Haupt- exporteure
    2003/04
    556
    594
    129
    44
    2004/05
    628
    616
    141
    60
    2005/06
    621
    625
    136
    55
    2006/07
    598
    610
    124
    39
    2007/08
    609
    613
    120
    29

    2008/09

    686
    640
    166
    46
    2009/10 Prognose vom:

    21.01.2010

    674
    642
    197
    55

    09.02.2010

    675
    643
    197
    55
    10.03.2010
    675
    644
    197
    55
    Hauptexporteure: Argentinien, Australien, EU, Kanada, USA
    Quelle: Internationaler Getreiderat

    Nachdem sich die Weizenaussaat in den USA im letzten Herst regional deutlich verzögert hatte, hat der lange, kalte Winter zu keinen außergewöhnlichen Schäden bei den amerikanischen Feldbeständen geführt. Die Bonitierung des US-Landwirtschaftsministeriums vom 06.04.2010 bewertet 65 % der Weizenbestände als "gut" bis "sehr gut" und damit sogar so gut wie zuletzt vor fünf Jahren. Damit kündigt sich für die USA - dem Weizenexporteur Nummer 1 am Weltmarkt - eine erneut hohe Ernte für 2010/11 an.

    Und auch weltweit wird für 2010/11 erneut mit einer hohen Weizenernte gerechnet. Der Internationale Getreiderat erwartet (zu diesem noch sehr frühen Zeitpunkt) mit 658 Mio.t eine lediglich um 2,5 % geringere globale Weizenernte. Damit ist derzeit ein Abbau der Welt-Lagerbestände nicht in Sicht.

    Baisse-Tendenz

 

  • EU: Anbauausdehnung zur Ernte 2010

    Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Westeuropa haben die Winterweizenbestände den langen, äußerst strengen Winter ohne nennenswerte Schäden überstanden. Die EU-Hauptanbauländer Frankreich, Deutschland und Großbritannien hatten im letzten Herbst die Weizenanbaufläche stabil gehalten bzw. weiter ausgedehnt.

    Für die EU-27 erwartet der EU-Dachverband des Getreide- und Futtermittelhandels (Coceral) aufgrund einer leichten Anbauflächenausweitung auf 23,2 Mio.ha eine höhere Weizenernte. Mit insgesamt 133,5 Mio.t prognostiziert Coceral für die kommende Saison 2010/11 eine um 2,1 % höhere Ernte als im Vorjahr.

    EU-Weizen-Produktion (in Mio.t)
    Deutschland
    EU-15
    EU-27
    Ernte 2007
    20,9
    86,3
    111,7
    Ernte 2008
    26,0
    104,6
    140,9
    Ernte 2009
    25,2
    97,8
    130,7
    Ernte 2010 - Prognose
    25,2
    100,1
    133,5
    Quelle: Coceral

    Für die EU-27 dürfte damit der Drittlands-Export auch in der kommenden Saison 2010/11 der entscheidende Schlüsselfaktor für die Preisentwicklung bleiben.

    Baisse-Tendenz

 

  • Osteuropa: Auswinterung in der Ukraine

    In Rußland und der Ukraine wurde die Aussaat zur Ernte 2010 ausgeweitet. In Rußland hat der harte Winter dem Wintergetreide offenbar wenig zugesetzt. Private Analysten rechnen mit einer um 1,3 % höheren Getreideernte.

    In der Ukraine haben sich dagegen die Befürchtungen hinsichtlich der Auswinterung bestätigt. Nach Einschätzung des ukrainischen Landwirtschaftsministeriums sollen 3,1 % der Winterweizenbestände ausgewintert sein. Teilweise präsentieren sich die Bestäsnde so schlecht, daß insgesamt 4,7 % der Weizenanbaufläche jetzt neu eingesät werden müssen.

    Hausse-Tendenz

 

Prognose
Nachdem der US-Dollar seine Stärke gegenüber anderen wichtigen Währungen weiter ausbauen konnte, wachsen die Kursschwankungen bei den Agrarrohstoffpreisen an den Terminbörsen - und damit auch bei den Weizenpreisen.

Zudem lassen die fundamentalen Daten des Weizen-Marktes kaum Hoffnung auf eine echte Trendwende keimen. Die statistischen Anbaudaten zur Ernte 2010 blockieren die Marktentwicklung genauso wie die real eingelagerten Weizen-Berge, die noch immer auf besserere Zeiten warten.

Das derzeit einzige Ventil für eine echte, durchschlagende Marktentlastung wäre ein umfangreicher Export in Drittländer. Das Geschäft verläuft jedoch weiterhin - trotz der Exportbelebung - in ruhigen Bahnen. E-Weizen findet inzwischen wieder in stärkerem Maße Abnehmer im EU-Binnenmarkt wie auch im Export. E-Weizen und in bescheidenerem Umfang auch A-, B- und C-Weizen können moderate Preisaufschläge realisieren, die sich jedoch an der Dringlichkeit des Bedarfs der Verarbeiter orientieren.

Ich persönlich erwarte für die kommenden Handelswochen zwar weitere Kursgewinne, die sich an den Vorgaben der Warenterminbörsen orientieren. Doch nach meiner persönlichen Einschätzung fehlen für eine Preisrallye die fundamentalen Vorgaben. Gravierende Ernteausfälle bei den Hauptexporteuren könnten das Blatt jedoch schnell wenden.

Von der April-Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums am kommenden Freitag erwartet ich persönlich daher kaum Überraschungen.

 
 
 
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