Rapssaat: Krisenstimmung ebbt ab

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 17.09.2008


Kaum zu glauben, was sich an den Finanzmärkten abspielt. Dabei haben es alle gewußt. Alle wußten, da der Rohölmakt völlig überverkauft war. Es hatte sich eine gefährliche Blase gebildet - und die ist jetzt infolge der neu aufflammenden Finanzkrise geplatzt. Auch den Rapssaatenmarkt hat die Krise auf Talfahrt geschickt.

Marktlage
Die Pleiten und Rettungsaktionen an den amerikanischen Finanzmärkten haben auch die Kurse für Agrarrohstoffe weltweit auf Talfahrt geschickt. Der Ausverkauf an den Rohölmärkten ließ auch die Rapssaaten-Kurse regelrecht abstürzen. Zwecks Liquiditätsbeschaffung lösten viele Banken ihre Rohöl-Engagements an den Börsen auf. Innerhalb von nur einer Woche rutschten die Raps-Kurse an der MATIF um 21,5 Euro/t ab.

An der Warenterminbörse MATIF, Paris wurde der November-Termin mit einem Settlementkurs von 351 Euro/t gestern fast 10 Euro unter dem Vortageskurs notiert. Damit gab der November-Termin im Vergleich zu seinem Höchststand am 03.03.2008 mit 495 Euro/t um 29 % nach.

Drastisch abwärts ging es auch an der Warenterminbörse WCE, Winnipeg/Kanada. Der November-Termin notierte mit umgerechnet 299,94 Euro/t erschreckende 27 Euro/t niedriger als am Vortag. Der November-Termin büßte damit seit dem 03.03.2008 rund 59 % (!) seines Kurses ein, der damals noch bei umgerechnet 509 Euro/t lag.

Unter dem Eindruck der weltweiten Talfahrt der Rapssaaten-Kurse an den Warentermin- und Spotmärkten kamen auch die Preise an den Kassamärkten ins Rutschen. Nachdem in der vergangenen Woche prompte Ware noch in der weiten Preisspanne von 350 bis 370 Euro/t netto franko Landhandelslager gehandelt wurde, werden inzwischen von Handelsseite Preise von 340 bis 360 Euro/t genannt. In der Strecke lassen sich 10 bis 15 Euro/t mehr erzielen.

 

Fakten

  • Welt: Höhere Produktion übersteigt wachsenden Verbrauch
    In seiner Vorschätzung vom 12.09.2008 hat das US-Landwirtschaftsministerium seine Erwartungen zur weltweiten Ölsaatenproduktion 2008/09 im Vergleich zum Vormonat um 1,7 Mio.t angehoben. Während die Sojabohnenproduktion in den USA niedriger eingeschätzt wird, prognostiziert das US-Ministerium eine globale Produktionssteigerung bei Palmkernen, Sojabohnen, Sonnenblumenkernen und Rapssaat. Leicht steigende Lagervorräte werden vor allem bei Sojabohnen und Rapssaat erwartet.

    in Mio. t
    Rapssaaten
    Produktion
    Verbrauch
    Endbestände
    Welt
    EU-27
    Welt
    Welt
    EU-27
    2003/04
    39,4
    11,2
    39,1
    1,9
    0,3
    2004/05
    46,1
    15,4
    43,7
    4,6
    1,7
    2005/06
    48,7
    15,5
    47,0
    5,5
    1,7
    2006/07
    45,2
    16,1
    46,4
    4,4
    1,4
    2007/08
    48,2
    18,4
    43,4
    3,3
    1,1
    2008/09 Prognose vom:
    12.09.2008
    53,4
    19,1
    49,1
    4,3
    1,2
    Quelle: USDA

    Weltweit steht dem Produktionsanstieg bei Rapssaat ein Verbrauchsanstieg um 5,7 Mio.t im Vergleich zum Vorjahr gegenüber. Vor allem der Bedarf der Energiebranche läßt die Nachfrage wachsen. Die weltweiten Endbestände erhöhen sich daher um lediglich 1 Mio.t.

    In der EU-27 wird - trotz einer Rekordernte - nur mit einem äußerst bescheidenen Anstieg der Raps-Lagerbestände gerechnet. Der jährlich steigende Bedarf für die Biodieselindustrie sorgt für einen kontinuierlichen Absatz.


    Baisse-Tendenz

 

  • EU-27: Ölsaatenverarbeitung steigt weiter
    In Deutschland wurden im Wirtschaftsjahr 2007/08 rund 11,5 Mio.t Ölsaaten verarbeitet. Das sind nach Mitteilung des Bundeslandwirtschaftsministeriums 10,8 % mehr als im Vorjahr.

    Zurückzuführen ist dies in erster Linie auf die erhebliche Zunahme der Verarbeitung von Raps (+16,4 %). Dies steht im Zusammenhang mit der weiter gestiegenen Nachfrage nach Rapsöl zur Herstellung von Biodiesel und zum direkten Einsatz von Rapsöl als Kraftstoff.

    Es wurde gegenüber dem Vorjahr deutlich mehr inländische Rapssaat verarbeitet. Auch die Verarbeitung von Raps aus EU-Mitgliedstaaten nahm zu. Damit entfielen knapp 67 % der verarbeiteten Ölsaaten auf Rapssaat.

    Die Herstellung von pflanzlichen Ölen und Fetten belief sich 2007/08 auf 3,9 Mio.t (+11,5 % gegenüber dem Vorjahr). Der Anfall von Ölkuchen und -schroten lag mit 7,5 Mio.t um 10,5 % über dem Vorjahr.


    Für die EU-27 geht das private Analysehaus Oil World von einer Ölsaaten-Verarbeitung von 37,5 Mio.t im Jahr 2007/08 aus (Vj: 36,0). Die Rapssaaten-Verarbeitung wird mit 18,4 Mio.t um rund 16 % höher als im Vorjahr (Vj: 15,9) veranschlagt. Die Verarbeitung an Sojabohnen wird mit 14,9 Mio.t (Vj: 14,6) und an Sonnenblumensaat mit 4,3 Mio.t (Vj: 5,5) beziffert.

    Im Ausschuß für Industrie, Forschung und Energie des Europäischen Parlamentes (EP) konnten sich am 11.09.2008 die Kritiker der Biokraftstoffe nicht durchsetzen. Es bleibt also dabei, daß bis zum Jahr 2020 insgesamt 10 % der Kraftstoffe aus Pflanzen oder anderen Alternativen zum Mineralöl hergestellt werden sollen. Die Parlamentarier erwarten jedoch, daß im Jahr 2014 das 10-%-Ziel in seinen Auswirkungen auf die Umwelt und auf Nahrungsmittelpreise überprüft und gegebenenfalls korrigiert wird.

    Hausse-Tendenz

 

  • Kanada - Australien: Höhere Canola-Ernten erwartet
    In Kanada wird eine sehr gute Rapsernte erwartet. Nachdem die Prognosen bisher zwischen 10,1 und 11,2 Mio.t lagen, erwartet das Statistikamt In Kanada jetzt eine Erzeugung von Canola-Raps in Höhe von 10,38 Mio.t (Vj: 9,53). Das wären 8,9 % mehr als zur Ernte 2007.

    Für Australien nahm das nationale Amt für Land- und Rohstoffwirtschaft (ABARE) in seiner Schätzung vom 16.09.2008 seine Ernteerwartungen für Canola-Raps auf 1,65 Mio.t (Vj: 1,07) leicht zurück. Auf einer um 15 % größeren Anbaufläche wird nach dem Dürrejahr 2007/08 immer noch mit einer um fast 55 % höheren Ernte gerechnet. Probleme bereiten in vielen Regionen weiterhin die zu geringe Bodenfeuchte in tieferen Bodenschichten.

    Baisse-Tendenz

 

Prognose
Mit einer schnellen Stimmungsaufhellung an den Finanzmärkten ist nicht zu rechnen. Großes Mißtrauen herrscht gegenüber dem globalen Finanzsystem. Die Stabilisierungsbemühungen der Zentralbanken und die staatlichen Rettungsaktionen in den USA werden das Problem nur aufschieben. Denn sie vergrößern die Geldschwemme weiter und verschleiern die Risiken.

An den Agrarrohstoffmärkten verflüchtigt sich im heutigen Handel die Panikstimmung allmählich. Mit wieder etwas klarerem Blick registrieren die Investoren, daß der Kursabsturz bei Rohöl etwas zu kraß ausgefallen ist und daß auch bei Rapssaat der Preisrückgang der realen Angebot-Nachfage-Situation nicht gerecht wird.

Wie es am Rapssaatenmarkt weiter geht? Derzeit spielen fundamentale Daten wie Angebot und Nachfrage nur eine untergeordnete Rolle. Der Rohölmarkt steuert das Preisniveau bei Rapssaaten.

Nachdem die Finanzkrise auch für die Rapserzeuger zu einer Krisenstimmung geführt hat, stehen die Zeichen an den internationalen Handelsplätzen heute erstmalig wieder auf Entspannung. Die Rohölkurse an den internationalen Handelsplätzen steigen wieder leicht an. Diese positiven Vorgaben verhelfen den Rapssaaten erstmals wieder zu Kursgewinnen, die an der MATIF, Paris am Mittag bei 2,50 Euro/tlagen.

Was man daraus lernen kann? Gegen Gier hilft nur eins: die begründete Angst vor dem Verlust. Termingeschäfte in Zeiten hoher Preise sind das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, Planungssicherheit zu erlangen und die Liquidität des Unternehmens zu sichern.

 
 
 
Vorhergehende Beiträge
01.07.2008 Rapssaat: Preistal adé
06.06.2008 Rapssaat: MATIF - Plus 8,50 Euro/Tonne
28.05.2008 Rapssaat: Schlüsselfaktor Rohöl bestimmt den Preis
26.02.2008 Rapssaat: Kursrallye in vollem Galopp
05.02.2008 Rapssaat: Preisanstieg vor US-Februar-Prognose
23.01.2008 Rapssaat: Der Bär ist los!
   
 
 
 
 

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