Milch: Preiskampf läßt LEH-Preise bröckeln

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 12.06.2008


10 Tage Milchstreik in Deutschland und Preiszugeständnisse mehrerer Lebensmittelketten bei Milch und Butter. Und jetzt: Der LEH hat erste Preissenkungen angekündigt. Doch am Weltmarkt scheint das Ende der Talfahrt bei Milchpulver erreicht zu sein.

Marktlage
Das war letzte Woche: Es gab Zusagen etlicher Lebensmitteleinzelhändler und Discounter, die Verkaufspreise für 1 Liter Milch um 10 Cent und für das 250-g-Päckchen Butter um 20 Cent anzuheben. Die Preiserhöhungen bezogen sich auf 14 % des Milchmarktes in Deutschland. Doch was ist mit Käse, Milchpulver und anderen Milchprodukten?

Und das hat sich seitdem ergeben: Am 09.06.2008 erklärte der Discounter Aldi, die Verkaufspreise statt um 10 nur um 7 Cent/L zu erhöhen. Am 10.06.2008 gaben Edeka, Rewe und Tengelmann bekannt, ihre Preiserhöhungen wieder um 3 Cent/L zurückzunehmen. Am 11.06.2008 zog Lidl nach und reduzierte seine Milchpreise entsprechend.

Reihenweise Rückzieher gibt es auch bei den Butterpreisen: Die Erhöhung um 20 Cent pro Päckchen strichen Lidl und Rewe ganz. Weder Aldi Süd noch Aldi Nord hatten höhere Butterpreise angekündigt, folglich gab es nichts zu streichen oder zu reduzieren.

Damit haben sich die Preise der führenden deutschen Discounter auf Aldi-Niveau eingependelt. Allerdings betonten Lidl, der Wettbewerber Aldi und die meisten anderen Discounter, beim Einkauf künftig dennoch die angekündigten 10 Cent (brutto) je Liter an die Molkereien zahlen zu wollen.

Milcherzeuger und Verarbeiter warten jetzt auf einen Termin für den durch Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer angekündigten "Milchgipfel". Im Interview mit dem Deutschlandfunk erklärte Seehofer am 08.06.2008: "... Es ging in den letzten Tagen um den Milchpreis, es geht jetzt auch um einige Strukturfragen, um Nachhaltigkeit in den Milchpreis hinein zu bekommen, um die Frage: Gibt es Saldierungsmöglichkeiten, wenn die eine Molkerei zu viel liefert und die andere zu wenig, es geht um die Abstimmung zwischen Bauern, Milchwirtschaft und Politik bezüglich der Agrarpolitik, die ja gerade in Europa reformiert wird. Das heißt, wir wollen jetzt diesen Rückenwind, den wir für dieses wichtige Thema "Sicherstellung der Ernährung zu bezahlbaren Preisen auch in Deutschland" nutzen und ein Stück Nachhaltigkeit herstellen, das heißt Stabilität - daß die Dinge, die jetzt vereinbart werden zwischen der Wirtschaft und den Molkereien, auch ein Stück Bestand haben über den Tag hinaus. ..."

 

2007: Dürre in Australien - Preis-Hausse am Weltmarkt
Im letzten Jahr spielte sich am internationalen Markt für alle Milchprodukte eine beispiellose Hausse ab – vor allem bei Milchpulver, dem Grundstoff des globalen Milchgeschäfts. Eine wachsende Nachfrage konnte durch das international geringe Angebot nur knapp gedeckt werden. Täglich werden derzeit 1,9 Milliarden Liter Milch getrunken oder zu Käse und Produkten wie Eiscreme verarbeitet.

Für den Preisanstieg bei Milch- und Milchpulverpreise im vergangenen Jahr war vor allem die Dürre in Australien verantwortlich. Die erheblich verringerte Milchproduktion in Australien, drittgrößter Exporteur am Weltmarkt, hatte die Herstellung von Milchpulver massiv einschränken müssen.

Da zudem die Butterberge und Milchpulverhalden früherer Jahre in Europa und den USA zwischenzeitlich abgebaut worden waren, war der Markt unzureichend versorgt. Der Export von Milchpulver entwickelte sich für europäische Exporteure daher deutlich lukrativer als in den Vorjahren.

Inwischen fällt die Nachfrage am internationalen Markt wieder schwächer aus und die Weltmarktpreise gaben nach. In der EU und in Deutschland fragen die Verbraucher mittlerweile weniger Milch- und Käseprodukte nach, während die Milchproduzenten zeitgleich aufgrund der guten Milchauszahlungspreise mehr Milch an die Molkereien lieferten.

Dem Gesetz von Angebot und Nachfrage folgend geht es seit Monaten abwärts mit den Milchpreisen. Überproduktion bestraft der Markt unerbittlich mit Preisverfall.

 

Prognose
Bei den internationalen Preisen zeichnet sich inzwischen eine Ende der Talfahrt bei den Milchpulverpreisen ab. Damit entspannt sich auch für die EU die Situation am Exportmarkt wieder leicht. Die EU konnte ihr Export-Volumen im ersten Quartal 2008 steigern. Mit 45.000 t wurden 17.000 t mehr exportiert als im ersten Quartal 2007. Auch der EU-Binnenmarkt entwickelt sich inzwischen wieder aufnahmefähiger. Die Futtermittelindustrie hat einen wieder höheren Bedarf für die Produktion von Milchaustauschern. Die Lebensmittelindustrie signalisiert einen steigenden Bedarf und größeres Interesse an Kontraktkäufen zur längerfristigen Bedarfsdeckung.

 
 
 
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