Weizen: Frostige Stimmung

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 15.11.2007


Frostig entwickelt sich die Stimmung an den Weizenmärkten. Eigentlich sind sich alle einig: Das Angebot bleibt knapp bis zur nächsten Ernte auf der Nordhalbkugel. Dennoch geht es bei den Preisen seit Tagen abwärts.

Marktlage
Brotweizenpreise von 230-255 Euro/t netto franko Landhandelslager ließen sich Ende September noch am Markt erzielen. Inzwischen sind die Kurse auf 200-230 Euro abgesackt. Nachdem der Markt bis Ende September von einer geragezu euphorischen Stimmung getragen wurde, macht sich jetzt unter den Produzenten allmächlich Frust breit, nachdem die Kurse rund 10 % ihren Rekordniveaus eingebüßt haben.

An den Leitbörsen in Paris (Warenterminbörse MATIF) und Chicago (Warenterminbörse CBOT) kam es zu gravierenden Kursverlusten.

Was ist am Weizenmarkt eigentlich los, daß derartige Kursverluste auftreten?

Nachdem der Markt seinen Preisgipfel jedoch weitgehend erreicht hatte, verstärkten einige Länder ihre Exporttätigkeit - der Export der USA fiel geringer aus und die US-Börsenkurse gaben nach.

Russische Exporteure steigerten ihre Exporte vor dem Inkrafttreten des 10 %igen Exportzolls am 12.11.2007 und brachten damit Preisdruck in den Markt.
Die Spekulanten an den Warenterminmärkten befürchteten weitere Kursrückgänge und stiegen kurzfristig aus ihren Engagements aus.
Einzelne große Importländer wie Indien und Ägypten stonierten ihre bereits getätigten Geschäfte. Die Importeure rechneten sich offenbar aus, in Kürze deutlich preisgünstiger zum Zuge zu kommen. Der Markt reagierte mit weiteren Preisnachlässen, um neue Käufer zu gewinnen.
Jetzt reagierten auch die Produzenten mit einer verstärkten Verkaufsbereitsschaft und einem größeren Angebot, das den aktuellen Bedarf der Verarbeiter überstieg.

 

 

Prognose
Wie im Lehrbuch haben sich die Märkte entsprechend der Angebot-Nachfrage-Relation entwickelt. Die euphorische Preisrally wurde gebrochen und jetzt macht sich Frust an den Märkten breit.

Doch für derart schlechte Stimmung am Weizenmarkt gibt es genausowenig einen Grund wie für die zuvor maßlos übertriebene Euphorie. Für den Export von russischem Weizen wird seit dem 12.11.2007 ein 10 %iger Exportzoll erhoben. Um auch Argentinien hat angekündigt, seine Exportzölle auf Weizen auf 28 % anzuheben. Die Importländer, die ihren Geschäfte stoniert haben, müssen in Kürze wieder am Weltmarkt einkaufen - denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Fakt ist, daß die Marktversorgung bis zur kommenden Ernte knapp bleibt und die Lagerbestände weltweit weiter schrumpfen. Informationen zur globalen Versorgungslage entnehmen sie bitte dem Beitrag "Weizen: Kater-Stimmung" vom 01.11.2007.

Nach meiner Einschätzung hat der Weizenmarkt lediglich einen Dämpfer erfahren, nachdem sich viele Verkäufer angesichts von Kursrückgängen dazu veranlaßt sahen, das Warenangebot erheblich zu steigern. Aus meiner persönlichen Sicht wird der Weizenpreis kurzzeitig noch leichte Kurseinbußen in Kauf nehmen müssen, bevor sich eine - unumgängliche - Trendwende einstellt. Bis Ende des Jahres rechne ich mit nur geringen Preiserholungen. Ab Mitte Januar dürften die Kurse dann wieder stärker anziehen.

 
 
 
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