Rapssaat: Spannende Wochen vor der Ernte

S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 05.06.2007


Seit Wochen geht es bei den Großhandelspreisen für Biodiesel abwärts. Dennoch konnten die Rapssaatenkurse in den letzten Wochen weiter anziehen, da die steigenden Preise bei pflanzlichen Ölen für eine kontinuierliche Nachfrage nach Rapssaaten gesorgt haben.

Marktlage
Wer heute über Rapssaatenpreise spricht, hat letztendlich auch die Märkte der Petrobranche und der Lebensmittelindustrie wie auch die ehrgeizigen Klimaschutzziele der EU im Auge. Seit 2004 entwickelt sich der EU Rapsmarkt nach neuen Regeln: Im Spannungsfeld zwischen „Mineraldiesel und Margarine“ hat sich die Verfügbarkeit pflanzlicher Öle zum preisbestimmenden Faktor entwickelt.

Die Rohölpreise ziehen aktuell weiter an. An der ICE, London wurde der Settlement-Kurs für Nordseeöl der Sorte Brent am 04.06.2007 mit 70,40 US-Dollar/Barrel (1 Barrel = 1 Faß = rund 159 Liter) notiert. Nachrichten über ein Sturmtief vor der arabischen Halbinsel, das den Öltransport beeinträchtigen könnte, ließ die Kurse um rund 1,84 US-Dollar im Verleich zum Vorwochen-Durchschnittspreis ansteigen.

Auch am Markt für pflanzliche Öle ziehen die Kurse weiter an. Sojaöl an der preisbestimmenden Warenterminbörse CBOT, Chicago/USA kann sich seit Wochen preislich verbessern. Der Gipfelsturm der Palmöl-Preise geht ebenfalls weiter.

Damit kommt auch in den Rapssaaten-Markt wieder zunehmend Bewegung: An der für den UE-Markt relevanten Warenterminbörse MATIF, Paris/Frankreich wurde der Ex-Ernte-Termin August 2007 zuletzt mit 278,75 Euro/t notiert und damit 2,35 Euro/t höher als im Durchschnitt der Vorwoche.

Auch an der Warenterminbörse WCE, Winnipeg/Kanada ziehen die Rapskurse im Kielwasser der Sojanotierungen weiter an. Mit umgerechnet 274,77 Euro/t notierte der Juli-Termin zuletzt rund 5,08 Euro/Tonne höher als im Durchschnitt der Vorwoche.

Die im Rahmen des Realpreissystems CASH! (Corporate Agro System Hessen) erhobenen Erzeugerpreise - zeigen die enge Beziehung zwischen der Kursentwicklung an der europäischen Warenterminbörse MATIF und dem Kassa-Markt. Die CASH!-Betriebe können immer öfter hohe Erzeugererlöse realisieren, die knapp unter der MATIF-Notierung liegen.

 

Fakten

  • Pflanzliche Öle: Der globale Bedarf wächst
    Weltweit steigt der Bedarf an pflanzlichen Ölen Jahr für Jahr. Wurden 1990 noch 11 Mio.t Öl (9 verschiedene Öle) verbraucht, so ist die Nachfrage seitdem sprunghaft um 240 % auf 38 Mio.t gestiegen.

    Während der Verbrauch in der Lebensmittelbranche in diesem Zeitraum um „nur“ 210 % wuchs, sorgte die Bioenergiebranche für einen Zuwachs um 390 %. Dagegen wuchs die Produktion lediglich um 119 %.


    Die hohen Preise der verschiedenen Öle zeigen, daß die Marktversorgung knapp ist: Inzwischen durchläuft sogar das als Billigöl bekannte Palmöl seit Monaten eine sensationelle Hausse-Phase: Allein in den letzten zwölf Monaten kletterte der Palmöl-Preis um 79 % auf derzeit umgerechnet 606 Euro/t CIF Rotterdam. Zum Vergleich: Sojaöl erzielt in Rotterdam aktuell 603 Euro/t FOB und Rapsöl 644 Euro/t FOB.

    Hausse-Tendenz

 

  • Biodiesel-Markt unter Preisdruck
    Vor allem der global steigende Bedarf der Biodieselindustrie wurde in den letzten Jahren zum Motor der Preis-Hausse. Jahrelang galt Biodiesel als Renner am Kraftstoffmarkt. Getrieben von steigenden Mineraldieselpreisen baute Biodiesel sein Absatzpotential bei Speditionen und anderen Großverbrauchern beständig aus und verschaffte so dem Rapsöl eine kontinuierliche Nachfrage und den Rapssaaten hohe Marktpreise. EU weit schossen neue Biodiesel-Veresterungsanlagen aus dem Boden, da Investitionen in diese Branche hohe Renditen versprachen.


    Mit der Goldgräberstimmung ist es seit der Besteuerung von Biodiesel und der ab 2008 greifenden Besteuerung von Rapsöl als Treibstoff vorbei. Das Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung hat den Wettbewerbsvorteil der jungen Branche abgeschafft. Schlimmer noch: Zwischenzeitlich wird immer mehr Biodiesel aus Nicht-EU-Ländern vor allem aus den USA importiert und kann trotz Transportkosten und Zoll preisgünstiger als die heimische Produktion am EU Markt angeboten werden.

    Die Dumpingpreise der internationalen Konkurrenz bringen die EU Produktion unter massiven Wettbewerbsdruck und haben bereits zu einer Drosselung der Produktion in Deutschland geführt. Die Branche kündigt bereits erste Produktionsstilllegungen an.

    Baisse-Tendenz

 

  • Rapssaat im Zeichen internationaler Hausse-Tendenzen
    Das Geschäft mit Rapssaat aus der Ernte 2006 und der kommenden neuen Ernte steht derzeit ganz im Zeichen der internationalen Markttendenzen. Geschäfte kommen nur noch sporadisch zustande, da Produzenten, Händler und Verarbeiter die weitere Preisentwicklung zunächst abwarten.

    Seit dem Preiseinbruch im März/April konnten sich die Kurse aufgrund der hohen Weltmarktpreise für pflanzliche Öle wieder erholen. In den letzten Wochen trieben vor allem die steigenden Kurse für Sojabohnen, –schrot und –öl die Kurse auch am EU Markt wieder nach oben.

    In Hessen konnten in dieser Woche Verkaufspreise von 245 bis 260 Euro/t netto franko Landhandelslager erzielt werden. Ab Hof lagen die Kurse rund 5 Euro/t höher.

    Auch die neue Ernte 2007 wurde zuletzt wieder etwas höher bewertet. In Deutschland werden Termingeschäfte aktuell zwischen 250 und 272 Euro abgeschlossen. In Hessen lagen die Ex Ernte-Abschlüsse zuletzt bei 250 bis 265 Euro/t netto franko Landhandelslager.

    Das Entwicklungspotential für den Rapssaatenabsatz und damit auch für die Rapssaatenpreise bleibt dennoch begrenzt, da der Absatz bei Rapsöl nur schleppend verläuft. Dennoch steigt die Verarbeitung von Ölsaaten insgesamt wie auch vor allem von Rapssaat weiter an. Die wachsende Ölnachfrage hat die Verarbeitung deutscher Ölmühlen im März im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 15 % auf rund 575.400 t Rapssaat ansteigen lassen. Knapp 74 % der verarbeiteten Ölsaaten stammten aus deutscher Erzeugung.

    Hausse-Tendenz

 

 

Prognose
Trotz jährlich neuer Ernterekorde bei Sojabohnen, wachsender Rapssaatenproduktion und Anbauausdehnung bei Ölpalmen wächst die Nachfrage nach Pflanzenöl schneller als das Angebot. Fruchtfolgebeschränkungen und fehlende Anbauflächen - vor allem für Ölpalmen-Plantagen - verhindern, dass die Produktion mit dem Verbrauch Schritt hält.

Nach meiner persönlichen Einschätzung bleiben daher die Marktaussichten für Rapssaaten weiterhin günstig und die Kursentwicklung leicht nach oben gerichtet. Dennoch erwarte ich kurzfristig keine rasanten Preisanstiege aufgrund der schwierigen Absatzsituation bei Biodiesel. Erst nach der Sommerpause - im Herbst - ist möglicherweise von der Politik eine neue Entscheidung bezüglich der Biokraftstoff-Besteuerung zu rechnen.

Trotz insgesamt positiver Marktaussichten dürfte auch in diesem Jahr der saisontypische Preisrückgang während der Erntezeit für eine Schwächephase sorgen.

Wer derzeit ex-Ernte verkauft, kann von der Hausse-Stimmung und den Kursanstiegen profitieren. Es bleibt daher abzuwägen, ob der Abschluß von Termingeschäften ex-Ernte zur Preisabsicherung, Vermeidung von Lagerkosten oder Verbesserung der Liquidität genutzt werden sollte.

Die kommenden Wochen vor der Ernte dürften noch spannend werden - in den nächsten Wochen sollten die Marktentwicklungen daher aufmerksam verfolgt werden.

 
 
 
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