Nach Jahren permanenter Preisrücknahmen, demonstriert
Braugerste jetzt mit einer rasanten Preisrally, was es bedeutet, wenn das Angebot
die Nachfrage infolge falscher Marktsignale nicht deckt.
Marktlage
Mit
nur noch 548.000 ha wurden in Deutschland auf der kleinsten Anbaufläche
aller Zeiten lediglich 2,6 Mio.t Sommergerste geerntet.
Die
Witterungskapriolen während der Ernte 2006 haben zudem regional zu Qualitätsmängeln
und zu hohen Proteingehalten geführt und damit den Braugerstenanteil erheblich
reduziert. Qualitativ hochwertige, frei verfügbare Braugerste ist daher zwischenzeitlich
kaum noch zu beschaffen und erzielt Rekordpreise, die zuletzt im Mai 2001
gezahlt wurden.
Für die Saison 2006/07 stehen in Deutschland
Schätzungen zufolge nur 1,0 - 1,2 Mio.t Sommerbraugerste (Vj.: 1,6)
zur Verfügung. Bezogen auf eine Produktion von 1,8 Mio.t Gerstenmalz wird
unter Einbeziehung eines Anteils an Wintergerstenmalz von 150.000 t mit einem
Sommergerstendefizit von rund 1 Mio.t gerechnet.
Der
Anteil an Gerste im qualitativen Grenzbereich (unter 90 % Vollkornanteil,
Proteingehalt bis 12,5 %, leichter Auswuchs), die zu Braumalz verarbeitet
werden, dürfte daher deutlich höher ausfallen als in Normaljahren.
Nachfrage
nach diesen abfallenden Sommergerste-Qualitäten besteht derzeit auch seitens
der Futtermittelhersteller, die den teuren Weizen - soweit dies möglich
ist - durch Futtergerste ersetzen. Daher wird auch qualitativ schlechtere
Braugerste zunehmend knapper angeboten.
Seit der Ernte 1996 schwankte die sogenannte
"Braugerstenprämie" - also die Preisdifferenz zwischen Futtergerste und Braugerste -
zwischen 5 und 45 Euro pro Tonne für freie Ware. Aktuell liegt die Braugerstenprämie
bei +38 Euro/t und macht diese Kultur erstmals seit Jahren für die Landwirtschaft
wieder betriebswirtschaftlich attraktiv.
Die Kursentwicklung
an den Kassamärkten und den Warenterminmärkten zeigt inzwischen wieder
in dieselbe Richtung - nach oben. Freie Ware ist derzeit trotz deutlicher
Preisaufschläge an den Erzeuger-, Großhandels- und Terminmärkten
nur mit Schwierigkeiten zu beschaffen.
Die Kurse an der
europäischen Börse Warenterminbörse RMX
in Hannover spiegelt die knappe Versorgungslage und die Hausse-Stimmung wider.
Die Großhandelspreise
in Deutschland reagierten aufgrund der Anbaueinschränkungen in Deutschland
bereits eher als die Warenterminbörse mit einem Kursanstieg. Zuletzt wurde
Braugerste an der Produktenbörse Mannheim
mit 185-188 Euro/t 48,50 Euro höher bewertet als im Vorjahr. Das
entspricht einer Preissteigerung von 35 % (!) im Vergleich zum Vorjahr.
Fakten
Braugerste
ist EU-weit knapp
Für die deutschen Mälzereien ist es
schwierig, den Fehlbedarf über Importe abzudecken. Auch in den anderen EU-Produktionsländern
fielen die Ernten geringer aus. In der EU dürfte das Sommerbraugerstendefizit
bei ca. 500.000 t liegen.
In dem traditionellen Exportland Dänemark
wird der Exportrahmen erheblich keiner ausfallen als in Normaljahren (nur 400.000 t
statt 900.000 t). Die Ernte in Tschechien ist so klein ausgefallen, das die
Tschechische Republik vom Exporteur (200.000 t) zum Importeur (150.000 t)
wird. Lediglich Frankreich und Großbritannien konnten halbwegs normale Erntemengen
einfahren.
Hausse-Tendenz
Malz
- ein internationales Geschäft
Der Malzbedarf beträgt weltweit jährlich
etwa 17 Mio.t, der Produktionsanteil der deutschen Mälzereien beträgt etwa
12 %. Von dem weltweiten Malzbedarf werden rund 5 Mio.t an den Weltmärkten
gehandelt. Im Gegensatz zu den meisten anderen großen Malz-Exportländern bedient
die deutsche Malzindustrie hauptsächlich den Inlandsmarkt, doch immerhin 30 %
der deutschen Malzproduktion werden ausgeführt.
In Deutschland werden
zur 1,8 Mio.t Gerstenmalz für die Versorgung im Inland und für den Export
produziert. Herausragender Motor der wachsenden deutschen Exportgeschäfte der
letzten Jahre war die Nachfrage nach Malz aus Osteuropa, insbesondere aus Rußland.
Osteuropa bietet den EU-Exporteuren gute Wachstumschancen.
Hausse-Tendenz
Prognose
Derzeit
ist bei den Preissteigerungen am Braugerstenmarkt kein Limit nach oben in Sicht.
Trotz steigender Angebotspreise gelingt es den Käufern nicht, Ware am Markt
zu mobilisieren. Die Mälzereien sind gezwungen - sofern keine Produktionskapazitäten
stillegelegt werden sollen - Braugerste vom Weltmarkt zu importieren. Doch
auch am Weltmarkt liegen die Preise derzeit rund 90 Euro/t höher als
noch vor einem Jahr. Und die Transportkosten verteuern Weltmarktware zusätzlich.
Nach meiner Einschätzung werden die Braugerstenpreise
während der Vermarktungssaison 2006/07 zunächst weiter leicht anziehen.
Der Preisanstieg wird allerdings durch die schrumpfende Rentabilität der
Mälzereien, die ihre Preissteigerungen nur teilweise an die Brauereien durchhandeln
können, begrenzt.
In den letzten Jahren wurde der
Abschluß von Verträgen vor der Ernte aufgrund niedriger Vertragspreise
für die Landwirtschaft immer uninteressanter. Seitens der Mälzereien
wurden die falschen Marktsignale gegeben mit der Folge, daß die Landwirtschaft
langsam und allmählich aus der Produktion ausstieg. Mit Blick auf die Ernte
2007 müssen jetzt alle Marktbeteiligten überlegen, ob der Anbau von
Qualitätsbraugerste in Deutschland nicht auf eine neue, verläßliche
Basis gestellt werden muß.
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