Erst Dauer-Hitzestreß - dann Dauer-Regen - jetzt
Geschäftsflaute. Die Angebotsknapphat läßt die Kurse kräftig
steigen. Doch wie lange noch?
Marktlage
Die
Preise am Weizenmarkt starteten ihren Gipfelsturm während des August-Dauerregens
mit täglich steigenden Ernte- und Qualitätsverlusten. Mit steigenden
Preisen wuchs auch die Verkaufszurückhaltung der Landwirte. Derzeit herrscht
bei den Geschäfte totale Flaute. Der Handel und die Verarbeitungsbetriebe
sind seit Wochen bemüht, über höhere Preisgebote Ware zu moblisieren
- bisher ohne durchschlagenden Erfolg.
Der Weizenmarkt
hat sich damit in diesem Jahr zu einem Verkäufermarkt entwickelt. Inzwischen
flacht die Preiskurve jedoch ab, da die Käufer nicht mehr erwarten, durch
höhere Kurse mehr Ware in den Markt ziehen zu können. Die Preisaufschläge
für Aufmisch- und Backqualitäten fallen folglich geringer aus. Die Brotweizen-Preise
liegen derzeit fast 31 % (!) über den Kursen zum selben Zeitpunkt
des Vorjahres.
Nach wie vor lassen sich auch fallzahlschwache
und auswuchsgeschädigte Partien als Futter-, Bioäthalol- oder Biogasanlagen-Getreide
problemlos vermarkten.
Der Kassamarkt setzt sich zwischenzeitlich
von der Kursentwicklung an den Warenterminmärkten ab. Da die Verkäufer
die Ware in der Hoffnung auf weitere Preisanhebungen zurückhalten, führt
die Angebotsverknappung zu Preissteigerungen. Die Warenterminmärkte richten
dagegen ihre Kursentwicklung stärkter an den fundamentalen Daten (Angebot
und Nachfrage) aus. Da die Vermarktung der EU-Ernte 2006 über den Inlandsbedarf
hinausgeht, ist der Markt auch auf Absatzchancen in Drittländern angewiesen.
Nachdem die Kurse an der Warenterminbörse KCBT
seit Anfang September wieder leicht anzogen, konnten die Kurse An der Warenterminbörse RMX
in Hannover und an der Warenterminbörse Matif
in Paris den in der Vorwoche erlittenen Kursverlust weitgehend wieder wett machen.
Die Großhandelspreise
in Deutschland konnten aufgrund des knappen Angebotes und der steigenden internationalen
Preise ihr hohes Niveau behaupten. So wurde Brotweizen an der Produktenbörse Mannheim
mit 135-138 Euro/t rund 30 Euro höher bewertet als im Vorjahr.
Qualitätsweizen notierte mit 138-141 Euro/t franko Mühle an. Auch an
den anderen Produktenbörsen behaupteten
die Kurse ihr Niveau..
An den Kassamärkten
folgten die Erzeugerpreise seit dem Erntestart den starken Hausse-Impulsen, wie
zum Beispiel die Erlöse der Mitglieder des Realpreissystems CASH!
zeigen.
Fakten
Welt: Produktionsdefizit
Der Internationale Getreiderat (IGC) hat am 24.08.2006 seine Prognose
des internationalen Weizen-Verbrauchs 2006/07 um 9 Mio.t auf 593 Mio.t
zurückgenommen. Bei einem Verbrauch von 611 Mio.t würde die Welt-Weizenproduktion
den Bedarf ein weiteres Jahr verfehlen. Das rechnerische Produktionsdefizit liegt
jetzt bei rund 18 Mio.t.
in
Mio. t | Produktion |
Verbrauch |
Endbestände |
Welt |
Welt |
Welt |
Haupt- exporteure |
1999/00 | 585 | 582 | 202 | 52 |
2000/01 | 582 | 584 | 201 | 53 |
2001/02 | 581 | 586 | 198 | 50 |
2002/03 | 566 | 601 | 165 | 43 |
2003/04 | 556 | 595 | 125 | 41 |
2004/05 | 629 | 616 | 138 | 56 |
2005/06 | 618 | 621 | 135 | 55 |
2006/07 Prognose vom: |
24.05.2006 | 601 | 612 | 118 | 44 |
28.06.2006 | 605 | 613 | 121 | 45 |
26.07.2006 | 596 | 611 | 118 | 43 |
24.08.2006 | 593 | 611 | 117 | 38 |
Hauptexporteure: Argentinien, Australien,
EU, Kanada, USA Quelle: IGC |
Die
erwarteten Endbestände reichen für einen Zeitraum von 2,4 Monaten
aus. Für die kommenden Jahre wird damit gerechnet, daß die Nachfrage
aufgrund der rasant wachsenden Weltbevölkerung schneller steigen wird als
die Produktion.
Hausse-Tendenz
Deutschland: Niedrigere Weizenernte
Das Erntejahr 2005/2006 verlief außerordentlich ungewöhnlich und wird vor allem
durch den extrem langen Winter sowie die Trockenheit und Hitze im Sommer 2006
in Erinnerung bleiben.
Nach Auswertung der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung
vom 05.09.2006 wird die deutsche Winterweizenernte auf 22,18 Mio.t geschätzt
(Vj.: 23,4). Damit ist die Weizenernte seit dem Rekorderntejahr 2004 permanet
rückläufig.
Hausse-Tendenz
Prognose
Der
derzeitige Preisanstieg spiegelt die augenblickliche knappe Versorgungslage des
Marktes wider. Das Verhalten der Produzenten wie auch der Käufer ist derzeit
mit viel Spekulation behaftet.
Viele Verkäufer glauben,
für den finanzellen Erfolg genüge es, einfach abzuwarten, während
die Preise immer weiter in die Höhe klettern. Die Realität sieht anders
aus.
Wer dauerhaft erfolgreich am Markt sein möchte,
muß neben den fundamentalen Daten auch das menschliche Spekulations- und
Marktverhalten berücksichtigen. Die steigenden Kurse basieren derzeit vorrangig
auf der Tatsache, daß kaum Ware am Markt angeboten wird. Da dem knappen
Angebot jedoch volle Läger gegenüberstehen, sollte nach meiner Einschätzung
nicht übersehen werden, daß dieses Angebot im Laufe der Saison noch
an den Markt drängen wird.
Das große Verkaufen
startet in der Regel dann, wenn die Preise einen leichten Rückschlag in Kauf
nehmen müssen. Zunächst warten die Verkäufer ab, ob sich die Kurse
noch einmal erholen. Ist dies nicht der Fall, startet der Verkauf - das Angebot
steigt und die Preise geraten unter Druck.
Nach meiner
Einschätzung besteht bereits in der zweiten Oktoberhälfte erstmalig
die Gefahr eines höheren Agebotes: Rechnungen für Betriebsmittel erfordern
Liquidität, Pachten müssen bezahlt werden ... . Pauschalierende
Landwirte planen, erst im kommenden Jahr zu verkaufen, um den Mehrwertsteuervorteil
zu nutzen. Eine zweite Angebotswelle ist daher ab Januar nächsten Jahres
zu erwarten.
Ab Mitte Februar könnten die Kurse aus
meiner Sicht erneut anziehen. Sollte die derzeitige Trockenheit in Australien
und Südamerika zu weiteren Ernteeinbußen führen, sind weitere
Hausse-Impulse denkbar.
Die Vermarktungssaison
2006/07 verspricht spannend zu werden!