Weizen beendet den Winterschlaf
S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 08.02.2006


Hohe Preise am Weltmarkt und flott laufende Exportgeschäfte lassen die Preise für gute Backqualitäten weiter steigen. Die Nachfrage wächst, doch die Anbieter bleiben zurückhaltend. Mitten im Winter beendet Weizen seinen Winterschlaf.

Marktlage
Die steigenden internationalen Preise bringen auch den Weizenerzeugern am heimischen Markt endlich die erwarteten Preisanstiege.

Am 05.12.2005 hieß es: "... Die Erfahrung der vergangenen Jahre lehrt, daß die Märkte erst Mitte Januar langsam wieder "aufwachen". Das "Februar-Tief" am internationalen Markt läßt in den ersten zwei Monaten des Jahres häufig keine freudige Stimmung und infolge oftmals schächere Preise aufkommen. ..."

Während Weizen wie erwartet aus dem Winterschlaf erwachte, deutet alles darauf hin, daß das "Februar-Tief" - für das hauptsächlich saisonale Preisverläufe in den USA verantwortlich sind - möglicherweise völlig ausbleiben könnte. Denn derzeit schnellen die US-Preise aufgrund extremer Trockenheit in den "Southern Plains", den südlichen Anbauebenen in den USA in die Höhe.

Auch die Niederschläge in Argentinien und anderen südamerikanischen Ländern liegen weit unter dem üblichen Maß, da sich wie vor Jahren das El Niño-/La Niña-Phänomen wieder aufbaut.

Der Blick der internationalen und besonders der europäischen Marktteilnehmer richtet sich zudem auf die Auswinterungsschäden in Osteuropa und den Umfang der Ernteeinbußen in der Export-Nation USA. Die Unsicherheiten für die Ernte 2006 mehren sich. Der Preisanstieg erfolgt bereits als Risikozuschlag mit Blick auf die kommende Ernte.

Die Preise in der EU wie auch in Deutschland folgten in den letzten Tagen der internationalen Preisentwicklung und zogen kräftig an. Man rechnet mit umfangreichen Zukäufen von US-Weizen durch den Irak, so daß die Kurse an der Warenterminbörse KCBT zuletzt nochmals kräftig zulegten. Aus europäischer Sicht äußerst erfreulich ist, daß auch Schwarzmeer-Weizen teurer wurde.

Die steigenden internationalen Preise kurbelten auch das EU-Exportgeschäft nochmals an, so daß Brotweizen zum Beispiel an der Warenterminbörse WTB in Hannover oder an der Produktenbörse Mannheim höher bewertet wurden.

Auch die Erzeugerpreise folgten bereits den starken Hausse-Impulsen, wie zum Beispiel die Erlöse der Mitglieder des Realpreissystems CASH! zeigen. Seit der Ernte zogen die CASH!-Preise um über 20 % (!) an.

Die EU-Kommission hat zwischenzeitlich auf die steigenden Weltmarktpreise reagiert und die Exporterstattungen gekürzt. Nachdem die EU Mitte Januar noch zu Erstattungen von 9,00 Euro/t bereit war, erfolgte jetzt eine schrittweise Kappung auf nur noch 4,92 Euro/t.

 

Fakten

  • Welt: Verbrauch erneut größer als Produktion
    Die weltweite Produktion 2005/06 sieht der Internationale Getreiderat (IGC) in seiner Januar-Prognose vom 26.01.2006 mit 615 Mio.t rund 4 Mio.t höher als noch einen Monat zuvor, jedoch noch immer rund 8 Mio.t niedriger als im Vorjahr. Für das Plus sind vor allem höhere Ernten in China (+5 Mio.t), Kanada (+1 Mio.t), Kasachstan (+1 Mio.t) und Pakistan (+2 Mio.t) verantwortlich. Auf der Südhalbkugel wurde die Getreideernte zwischenzeitlich beendet. Damit werden die Prognosen für die weltweite Weizenernte erheblich verläßlicher. In Australien wird die Weizenernte 2005/06 mit 24 Mio.t höher als im Vorjahr (22,6 Mio.t) prognostiziert.

    Da jedoch auch der Verbrauch mit 618 Mio.t weiter steigen soll, dürfte sich der seit 2000/01 anhaltende Trend rückläufiger Endbestände fortsetzen.


    Ausblick 2006
    Für 2006 erwartet der IGC mit nur noch 595 Mio.t Weizen erneut einen Produktionsrückgang, der mit einem Minus von 20 Mio.t deutlicher ausfallen dürfte als der der laufenden Saison. Vor allem für Rußland und die Ukraine werden Auswinterungsschäden erwartet. Dagegen wird für die EU mit einem Plus von 6 Mio.t gerechnet.
    Hausse-Tendenz

 

  • Deutschland: Trotz Frost guter Saatenstand
    Die Pflanzenbestände haben die wochenlange Frostperiode zumeist gut überstanden. Da sich die Vegetation in der Winterruhe (hohe Kalium-Konzentration in der Zelle) befand und eine Scheedecke die Wintersaaten schützte, kam es in den meisten Regionen zu keinen Schäden. Lediglich aus Gegenden mit starken Kahlfrösten wird von Auswinterungsschäden berichtet. Noch liegen keien endgültigen Zahlen vor, doch der Umfang der Schäden dürfte kaum marktwirksam sein.
    Baisse-Tendenz

 

  • Hessen: Winterweizenanbau zur Ernte 2006 eingeschränkt
    Nachdem im Jahr 2005 mit 159.200 Hektar in Hessen so viel Ackerfläche wie noch nie mit Winterweizen bestellt wurde, wird für die Ernte 2006 von 152.700 Hektar ausgegangen. Damit wird zur Ernte 2006 nach den Daten des Hessischen Statistischen Landesamtes rund 4 % weniger Weiizen angebaut als im Vorjahr.


    Damit macht der Weizenanbau in Hessen rund 49 % der gesamten Getreideanbaufläche von 311.300 Hektar bzw. 31 % der gesamten hessischen Ackerfläche (486.800 Hektar) aus.
    Hausse-Tendenz

 

  • Interesse an der Intervention sinkt
    Nachdem noch im Dezember umfangreiche Weizen-Mengen zur Intervention bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) angemeldet wurden, hat sich das Interesse an diesem Absatzweg zwischenzeitlich merklich abgekühlt. Bis zum 15.01.2006 wurden rund 1,052 Mio.t Getreide, darunter rund 604.000 t Gerste und 448.000 t Weizen der Intervention angedient. Das war etwa eine halbe Million Tonnen Getreide weniger als zum selben Zeitpunkt des Vorjahres.
    Hausse-Tendenz

 

Prognose
Als Preismotor am Weizenmarkt fungiert derzeit der Export. So sind es vor allem die Gegenden im Einzugsgebiet der Seehäfen und der Binnenwasserstraßen, die von den höheren Exportpreisen profitieren. Die dort abfließende Ware verknappt das Angebot und läßt die Kurse steigen. Marktfernere Gegenden können erst mit leichter Zeitverzögerung von der günstigeren Absatzlage profitieren.

Nach meiner persönlichen Einschätzung haben die Weizenkurse in den kommenden Wochen weiteres Potential für steigende Kurse. Vor allem Weizen mit einwandfreien Backqualitäten dürfte in der nächsten Zeit Preisaufschläge verbuchen.

Für den europäischen Markt hängt der weitere Preisverlauf stark davon ab, wie groß die Auswinterungsverluste und damit die Produktionseinbußen zur Ernte 2006 wirklich sind. Für Osteuropa werden Verluste zwischen 20 bis 30 % genannt. Inzwischen wird vor allem in der Ukraine diskutiert, die Exporte zu begrenzen, um den heimischen Bedarf zu decken. In Rumänien, Bulgarien und auch Ungarn soll die fehlende Schneedecke zu starken Auswinterungsverlusten geführt haben. Die Mittelmeeranrainer befürchten nach einem Winter mit Niederschlagsdefizit erneut eine Frühjahrstrockenheit.

Mit der Anzahl der Unsicherheitsfaktoren zur Ernte 2006 dürften auch die Risikozuschläge wachsen, zumal der weltweite Verbrauch deutlich über der Produktion prognostiziert wird.

 
 
 
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