Weizen: Verschnaufpause oder Korrekturphase?


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 28.11.2013


Den Preisanstieg am Weizenmarkt verfolgten die Verkäufer in den letzten Wochen mit Freude. Denn trotz eines globalen Ernte-Rekordes ließen starke Exportzahlen und solide Fundamentaltrends keinen Angebotsdruck aufkommen. Machen die Weizenpreise jetzt eine Verschnaufpause oder droht eine Korrekturphase?

 

Marktlage
Die globale Weizenernte 2013/14 fällt deutlich größer als im Vorjahr aus. Mit Schätzungen zwischen 696 Mio.t (IGC) und 706 Mio.t (USDA) übersteigt die weltweite Erntemenge das Vorjahresergebnis um 6 bis 8 %.

Die hohen Ernteerwartungen auf der Nordhalbkugel ließen die Weizenpreise seit Anfang 2013 erst langsam, seit Mai 2013 jedoch immer steiler abrutschen. Innerhalb von nur 8 Wochen stürzten die Weizenpreise am Kassamarkt um über 18% ab.

Erst Anfang Juli 2013 kündigte sich erstmals eine Stabilisierung der Preise an. Seitdem sind die Kurse zunächst in eine Konsolidierungsphase eingeschwenkt. Die Trendwende nach oben setzte erst im September 2013 wieder ein.


In Erinnerung an die Erntepreise 2012 bei Brotweizen von 230 bis 250 Euro/t netto franko Landhandelslager zogen es viele Weizenproduzenten vor, die Ernte zunächst einzulagern und erst später zu verkaufen.

Das prompte Angebot fiel daher sehr gering aus. Für die Mühlen war das kein Problem, da sie frühzeitig umfangreiche Lieferkontrakte abgeschlossen hatten. Dagegen waren viele Futtermittelhersteller, die auf weitere Preisrückgänge spekuliert hatten, gezwungen, für prompte Ware Prämien zu gewähren.

Auch der EU-Exporthandel hat mit seiner anhaltenden Nachfrage in den letzten Wochen für Preisauftrieb gesorgt. Im der laufenden Saison summieren sich die vergebenen Exportlizenzen bis zum 21.11.2013 auf 10,6 Mio.t Weizen. Damit wurden bisher bereits 56 % mehr Lizenzen gezogen als im Vorjahr. Und sogar die Ausfuhren des Super-Exportjahres 2010/11 werden um 11 % übertrumpft.


Deutschland ist für die Käufer am Weltmarkt eine bevorzugte Adresse. Bisher wurden für deutschen Weizen 3,1 Mio.t Exportlizenzen gezogen. Frankreich konnte bisher 2,6 Mio.t ausführen. Sofern das EU-Exporttempo anhält, wird das erwartete Rekordniveau von 26 Mio.t problemlos erreichbar sein.

 

 

Die Kunden am Weltmarkt
Die Weizennachfrage steigt weltweit seit Jahren. Für die laufende Saison wird mit einem um 18 bis 24 Mio.t höheren Bedarf als im Vorjahr gerechnet. Damit steigt der Verbrauch auf 690 Mio.t (IGC) bis 704 Mio.t (USDA).

Nicht nur die Nachfrage aus Ägypten, dem weltweit größten Weizen-Importeur, läßt keinen Angebotsdruck aufkommen. Auch China, Südkorea, Indonesien, Saudi Arabien, Libanon, Algerien, Marokko oder Japan sind derzeit als Käufer am Weltmarkt unterwegs.

Die Preise am Weltmarkt bleiben hart umkämpft. Gestern hat Ägypten über seine staatliche Getreideeinkaufsbehörde GASC 60.000 t Weizen in Frankreich gekauft. Die französische Ware erhielt den Zuschlag für umgerechnet 214 Euro/t FOB zuzüglich Frachtkosten in Höhe von 15 Euro/t, den die Lieferung ist für die zweite Dezemberhälfte vorgesehen. Damit konnte EU-Weizen im internationalen Wettbewerb nicht nur gegen Schwarzmeer-Herkünfte punkten, sondern auch preisgünstigen US-Weizen ausstechen. Anbieter aus Deutschland waren mit umgerechnet 222 Euro/t FOB teurer genauso wie aus Rumänien mit 220 Euro/t FOB zuzüglich 11 Euro/t Fracht, während die Exporteure aus den USA zu 202 Euro/t FOB zuzüglich 30,50 Euro/t Fracht erst im Laufe des Januar liefern konnten.

 

 

Prognose
Vor allem die rege Nachfrage der Exportunternehmen hat den Weizenpreisen in den letzten Wochen Auftrieb gegeben. Ausgehend von den Seehafen- und Binnenhafen-Standorten zum Beispiel am Standort Hamburg haben sich die Preise auf Großhandelsebene weiter nach oben bewegt.

Doch die kurzfristigen Aussichten deuten auf eine Verschnaufpause hin. Denn allmählich taucht unser heimischer Weizenmarkt in vorweihnachtliche Ruhe ab. Die Mühlen sind weiterhin gut versorgt und signalisieren erst Kaufinteresse ab Ende Februar. Die Futtermittelhersteller fahren ihre Zukäufe zurück. Und auch am Exportmarkt hat man die extrem umsatzschwachen Feiertagswochen im Blick.

Nach meiner persönlichen Einschätzung dürfte das Binnenmarkt- und Exportgeschäft erst in der dritten Januar-Woche wieder Fahrt aufnehmen. Bis dahin dürfte der Handel auf sporadische Neugeschäfte beschränkt bleiben.

Dennoch erwarte ich, daß die mittelfristigen Aussichten günstig bleiben. Die Nachfrage am Weltmarkt dürfte weiterhin sehr rege bleiben. Davon würden auch die EU-Exporteure profitieren, denn es zeichnet sich ab, daß das Angebot aus der Schwarzmeerregion während der Wintermonate schwächer ausfallen wird. Wie in den Vorjahren dürfte "Väterchen Frost" in Osteuropa den Transport zu den Seehäfen und die Verladung behindern und damit auch verteuern.
Der rückläufige Exportdruck aus der Schwarzmeer-Region dürfte in den nächsten Monaten die Wettbewerbskraft des EU-Export-Weizens stärken.

Als problematisch könnte sich jedoch der stärkere Euro-Kurs entpuppen, da sich dadurch EU-Exporte am Weltmarkt verteuern.

Dennoch: Weitere Prämien an der Preisfront dürften erst mit wieder anspringendem Anschlußbedarf der Verarbeiter zum Tragen kommen.

 
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