Futtergerste: Auf der Suche nach der richtigen Preisformel


S. Linker sabine.linker@llh.hessen.de Stand: 11.07.2013


Alle reden über Weizen. Doch geerntet wird jetzt Wintergerste und erste Offerten kommen an den Markt. Nur über den Preis können sich Käufer und Verkäufer noch nicht einigen.

 

Marktlage
Die Gerstenernte hat auch in den Frühdruschgebieten Deutschlands begonnen. Auch im Hessischen Ried wurden erste Bestände gedroschen. Die Ernte-Qualitäten von leichten Böden streuen naturgemäß noch stark. Infolge der günstigen Niederschlagsverteilung werden tendenziell höhere Flächenerträge gedroschen, allerdings deuten sich niedrigere Proteingehalte an.

Alterntige Futtergerste ist weitgehend beendet und beschränkt sich auf allerletzte dringend benötigte Anschlußpartien. Jetzt sind es die ersten Angebote aus der neuen Ernte, die das Geschäft bestimmen. Doch noch sind Verkäufer und Käufer auf der Suche nach der richtigen Preisformel.

Die Preisvorstellungen der Verkäufer orientieren sich an dem aktuell noch realisierbaren Preisniveau für prompte Lieferungen von Lagerware. Zu Kassamarkt-Preisen von 180 bis 195 Euro/t netto je nach Menge und Parität lassen sich jedoch nur noch bei großer Dringlichkeit des Zukaufs realisieren.

Die Preisvorstellungen der Käufer bewegen sich derzeit auf deutlich niedrigerem Niveau. Bei Kaufangeboten von 140 bis 155 Euro/t netto winken viele Produzenten jedoch zunächst einmal dankend ab und verschieben geplante Verkäufe vorerst.


Die Verkäufer spekulieren darauf, daß die Preisdelle ausfallen könnte. Sie begründen ihre Preishoffnungen mit den leergräumten Läger in der EU und der Verzögerung des Erntebeginns in Nordeuropa. Die Käufer verweisen auf die höheren Ernteerwartungen.

 

 

Fakten

  • Welt: Anstieg der Lagervorräte um 7,5 %
    In Reaktion auf die hohen Getreidepreise haben die Landwirte weltweit den Anbau zur Ernte 2013/14 ausgeweitet. Das US-Landwirtschaftsministerium prognostiziert eine globale Gerstenernte in Höhe von 138 Mio.t. Damit würde die Ernte rund 6 % höher ausfallen als im Vorjahr, aber 23 % niedriger als im Rekorderntejahr 1990/91.

    Erwartet wird auch eine Steigerung der globalen Nachfrage, die im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 % auf fast 136 Mio.t steigen soll.

    Betrachtet man die internationalen Lagervorräte insgesamt, so würden die Endbestände in der Saison 2013/14 um 7,5 % ansteigen. Betrachtet man dagegen nur die Lagervorräte der Hauptexporteure (Argentinien, Australien, EU, Kanada, Rußland, Ukraine) zeigt zwar ebenfalls ein Anstieg der Lagervorräte um 17,6 %. Doch von Getreidebergen kann keine Rede sein. Mit nur 9,3 Mio.t fallen die Bestände sogar noch unter das Niveau des Preis-Rallye-Jahres 2007.


    Für Preisdruck sorgen derzeit nicht der Anstieg der Endbestände an sich, sondern die Erwartung umfangreicherer Lagerbestände in Rußland. Da die US-Analysten davon ausgehen, daß Rußland seine Gerstenexporte nur um 65 % auf 3,8 Mio.t steigern kann, rechnet man mit einer Verdopplung der russischen Lagervorräte auf 1,3 Mio.t.

    Seit dem Start der Gerstenernte in Rußland sind die russischen Exportpreise deutlich abgesackt. Lagen die Kurse Anfang Juni noch bei umgerechnet 195 bis 200 Euro/t FOB. Zwischenzeitlich liegen die Preise für Exporte über Schwarzmeerhäfen zwischen 171 und 190 Euro/t FOB.

     Baisse-Tendenz

 

  • EU: Höhere Ernteerwartungen
    Die Landwirte in der EU rechnen in diesem Jahr wieder mit einer größeren Gerstenernte. Der europäische Getreidehandelsverband Coceral geht davon aus, daß in der EU-28 mit 56,3 Mio.t rund 3,6 % bzw. 2 Mio.t Gerste mehr geerntet werden als im Vorjahr. Auch die Wintergerstenernte in Deutschland wird mit 7,91 Mio.t etwa 0,8 Mio.t größer prognostiziert.


    Der europäische Dachverband Copa-Cogeca, der die europäischen Landwirte und ihre Genossenschaften repräsentiert, erwartet mit 56,0 Mio.t eine um 4,4 % bzw. 2,4 Mio.t höhere Gerstenernte als im Vorjahr.

    Angesichts eines Binnenmarktverbrauchs von 52 bis 56 Mio.t fällt das Ernte-Plus recht überschaubar aus.

     nur geringe Baisse-Wirkung

 

  • Deutschland: Höchste Ernte seit drei Jahren
    Trotz der Vegetationsverzögerung infolge des langen Winters wird in Deutschland mit einer hohen Wintergerstenernte gerechnet. Die kühle und feuchte Witterung im Frühjahr machte den Sommersaaten mehr zu schaffen als den Winterkulturen.

    Die Ausweitung der Wintergersten-Anbaufläche auf 1,2 Mio. ha, das weitgehende Ausbleiben von Auswinterungsschäden und eine in vielen Regionen günstige Niederschlagsverteilung haben die Ernteerwartungen inzwischen auf 8,2 Mio.t steigen lassen. Damit wird die größte Ernte seit drei Jahren erwartet.

      
    Gerste
    Anbaufläche
    (1.000 ha)
    Produktion
    in Mio.t
    Wintergerste
    Sommergerste
    Wintergerste
    Sommergerste
    2008/09
    1.418,2
    543,5
    9,37
    2,60
    2009/10
    1.452,0
    426,0
    10,08
    2,21
    2010/11
    1.303,3
    349,9
    8,68
    1,73
    2011/12
    1.177,7
    420,3
    6,68
    2,06
    2012/13
    1,089,6
    587,7
    7,08
    3,31
    2013/14
    1.229,9
    355,8
    8,21
    1,87
    Quelle: Copa-Cocega


    Die Sommergersten-Abbaufläche zur Ernte 2013 ist um fast 40 % geschrumpft. Gründe hierfür sind die Ausweitung der Wintergetreidefläche und das weitgehende Ausbleiben von Auswinterungsschäden. Die kühle Witterung hat zudem die Vegetationsentwicklung negativ beeinflußt, so daß die Ernte mit 1,87 Mio.t rund 43 % niedriger als im Vorjahr prognostiziert wird.

     Baisse-Tendenz

 

Prognose
Prompte Lagerware kann nur noch von dem verzögerten Druschbeginn profitieren, wenn Fehlmengen dringend beschafft werden müssen. Für die Vermarktung der neuen Ernte sind Verkäufer und Käufer noch auf der Suche nach der richtigen Preisformel.

Der Preisanstieg an den Getreide-Börsen hat die Talfahrt der Kassamarktpreise zum Halten gebracht. Auch wenn Verarbeiter mit preisgünstigen Zufuhren aus Ungarn und Rumänien rechnen, ist absehbar, daß die Versorgungsbilanzen zwar eine Entspannung der EU-Versorgungslage vermitteln.

Mit einer unmittelbar bevorstehenden üppigen Versorgung des Marktes aus der neuen Ernte heraus rechne ich persönlich jedoch nicht. Mit Blick auf die Preisentwicklung der letzten Jahre dürften viele Produzenten, - sofern die Preisgebote zu niedrig liegen -, die Erntepartien zunächst einmal einlagern.

Nicht aus dem Blick verlieren sollte man die Tatsache, daß sich die russischen Exporteure mit Rabatten im internationalen Geschäft zurückgemeldet haben. Nachdem für die südlichen Anbaugebiete Rußlands bis Mitte kommender Woche etwas kühlere Temperaturen vorhergesagt werden, dürfte der Preisdruck am russischen Exportmarkt noch anhalten.

Entscheidend für die künftigen Preisaussichten wird sein, wie sich die weiteren Ernteaussichten in der Ukraine und Rußland entwickeln. Zu erwarten ist, daß Rußland seine Ernteprognose noch weiter nach unten korrigieren muß. Die Talfahrt der russischen Preise schwächt sich derzeit bereits ab und am internationalen Markt hat sich Getreide bereits wieder leicht verteuert.

Nach meiner persönlichen Einschätzung dürften die Futtergerstenpreise am Kassamarkt von dem Aufwärtstrend an den Agrarrohstoffbörsen profitieren. Die fundamentalen Daten und die Erwartung einer stetigen Exportnachfrage nach EU-Gerste dürften nach meiner Einschätzung die Talfahrt der Futtergerstenpreise frühzeitig ausbremsen und die Preise stabilisieren.

 
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